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Michael P. Aust und das Produktionsteam Dagmar Niehage und Maria Riese
Foto: Frank Brenner

Stadt in Bewegung

19. Dezember 2013

„Parallax Sounds Chicago“ im Filmforum – Foyer 01/14

Mittwoch, 27. November: Seine Festivalpremiere hatte „Parallax Sounds Chicago“ von Augusto Contento bereits im Jahr 2012 auf der SoundTrack_Cologne erlebt. Ein Jahr später und rund zwei Monate vor dem bundesweiten Kinostart des Films lief er nun offiziell im Filmforum und abermals während der SoundTrack_Cologne als Kinopremiere. Der Regisseur selbst glänzte auch zu diesem Anlass wieder mit Abwesenheit, da Contento ein äußerst scheuer Zeitgenosse ist, der öffentliche Auftritte grundsätzlich verweigert. Während Dreharbeiten lässt er sich ausschließlich von hinten fotografieren und kommuniziert generell lediglich über seine Regieassistentin. Diese Hintergrundinformationen lieferte dem Publikum am Tag der Premiere Michael P. Aust, seines Zeichens nicht nur der Produzent des Films „Parallax Sounds Chicago“, sondern auch der Veranstalter der SoundTrack_Cologne. Im Dialog mit Joachim Kühn, dem deutschen Verleiher des Films, ergänzte er, dass am Abend die Festivalversion gezeigt würde, die Contentos finaler Version entspräche, dass man zum Kinostart allerdings noch Bauchbinden einfügen wolle, damit der Zuschauer wisse, wer in den Interviewszenen gerade spricht.

Michael P. Aust im Filmforum, Foto: Frank Brenner

Inwiefern es sich bei Contentos Film über die Musikszene im Chicago der 1990er Jahre überhaupt noch um einen herkömmlichen Dokumentarfilm handelt, wurde im Anschluss an die Projektion mit dem Publikum diskutiert. Michael P. Aust erläuterte den Zuschauern, dass die Interviews mit den fünf Musikern im Vorfeld von Contentos Lebensgefährtin und Regieassistentin Kênya Zanatta geführt wurden. Der Regisseur selbst machte sich dann im Schneideraum daran, die besten Aussagen und Passagen herauszusuchen und zu einem Film zu montieren. Um seinem perfektionistischen Stil gerecht zu werden, ließ Augusto Contento seine fünf Protagonisten anschließend an ganz besondere Orte bringen, wo er sie bestimmte Statements aus den zuvor geführten Gesprächen nach einem minutiösen Drehplan wiederholen ließ. Dabei kam es u.a. auch auf das exakte Timing in Relation zu vorbeifahrenden Zügen oder beim Unterqueren von Brücken mit dem Boot an. Contento hatte bei „Parallax Sounds Chicago“ nämlich auch den Anspruch, ein lebendiges Bild einer Stadt zu zeichnen, die sich ständig in Bewegung befindet, und deren industrieller Lärm und unverwechselbarer Sound auch die Musiker bei ihrem Schaffen ständig beeinflusst. Dass diese Inszenierung des Dokumentarischen die klassische Vorgehensweise in diesem Genre ins Gegenteil verkehrt, macht aus dem Ergebnis eine hybride Filmform, die gleichermaßen spannend und innovativ ist.

Joachim Kühn und Michael P. Aust bei der Premiere, Foto: Frank Brenner

Da etliche Labels und Connections der Chicagoer Filmszene eine Brücke nach Köln schlagen, war ursprünglich angedacht, auch dieses Element im Film aufzugreifen. Beim Endschnitt erwies es sich aber dann doch als ratsamer, die Handlung komplett auf Chicago zu beschränken. Gleichwohl gibt es nun eine ganze Menge Köln-Material, „aus dem wir gerne noch einen weiteren Film machen würden, zumal Köln aus den Augen von Augusto völlig anders aussieht, als man es bislang kannte“, erläuterte Michael P. Aust. Irritationen im Publikum gab es aufgrund der Tatsache, dass man selten im Film Originalmusik hört, und dass selbst Szenen, die einige der Protagonisten beim Musizieren zeigen, mit anderer Musik unterlegt sind. Für Verleiher Joachim Kühn ist dabei dennoch kein Flickenteppich herausgekommen: „Der Film wirkt für mich wie aus einem Guss, auch wenn er nicht authentisch die Musik einspielt, die gerade im Bild zu sehen ist.“ Sowohl Kühn als auch Aust unterstrichen, dass sich Contentos Film erfolgreich „von gewissen Vorstellungen löst, die man von einem Dokumentarfilm hat.“ Stattdessen würde hier eher der Sound zur Stadt geliefert. Michael P. Aust fühlte sich „geradezu libidinös zu Chicago hingezogen“, nachdem er den Film zum ersten Mal gesehen hatte. Und für Joachim Kühn ist das Ergebnis die moderne „Symphonie einer Großstadt“, die durch einige dokumentarische Interviewszenen ergänzt wurde.

Frank Brenner

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