Freitag, 24. August: Zum fünfzehnten Mal bereits verwandelt sich die Domstadt Köln während der SoundTrack_Cologne zu einem Sammelpunkt und Austauschplatz für Experten und Kreative aus der Musikproduktion. Fünf Tage lang wird an unterschiedlichen Schauplätzen ein Programm aus Musikfilmen präsentiert. Darüber hinaus lockt ein dreitägiger Kongress das Fachpublikum zu Podiumsdiskussionen, Workshops und Networking-Events. Diese finden in der Fritz-Thyssen-Stiftung in unmittelbarer Nähe zum Kölner Neumarkt statt, wo der Komponistennachwuchs mit etablierten Talenten ins Gespräch kommen kann. Die Palette der Themen und Fachreferenten reicht dabei von Film- und Fernsehkompositionen und Sounddesign über die Arbeit mit Livemusikern bis hin zum Komponieren von Spielemusik. Als besonderes Highlight präsentierte das Festival zusammen mit der parallel in Köln stattfindenden gamescom am Abend das Videospielmusik-Konzert „Heart of Gaming“ mit dem WDR-Funkhausorchester unter der Leitung von Evan Christ mit Benyamin Nuss am Klavier in der Kölner Philharmonie.
Am Nachmittag stand im Helmut-Coing-Saal in der Fritz-Thyssen-Stiftung die Komposition von Hörspielmusik im Mittelpunkt des Interesses. Die als Komponistin, Liedtexterin, Akkordeonistin, Geigerin und Sängerin u.a. an den Schauspielhäusern in Bonn, Köln und Düsseldorf tätige Verena Guido stellte sich in der Sektion „Reality Check“ den Fragen des Moderators Prof. Andreas Grimm und des interessierten Publikums. Guido hatte den Zuschlag für die Komposition der Musik und einiger Songs für das ARD-Hörspiel „Der nasse Fisch“ erhalten, das auf einem Buch von Volker Kutscher basiert und unlängst überaus erfolgreich als „Babylon Berlin“ fürs Fernsehen adaptiert worden war. Die Komponistin erläuterte, dass das vierstündige Hörspiel, das auf dem ersten Buch aus einer Reihe von Kriminalromanen, die in der Zeit der Weimarer Republik angesiedelt sind, als Gemeinschaftsproduktion zwischen Radio Bremen, dem Westdeutschen Rundfunk und dem Rundfunk Berlin-Brandenburg produziert wurde. Die Sendeanstalten hatten sich die Aufgaben aufgeteilt. So entstanden die Sprachaufnahmen beispielsweise beim rbb, die Musikaufnahmen wurden zusammen mit dem WDR-Funkhausorchester in Köln aufgenommen. Dafür standen der Komponistin die Musiker allerdings lediglich für zwei halbe Tage zur Verfügung. An gemeinsame Proben oder ein gegenseitiges Kennenlernen im Vorfeld war bei dieser engen Taktung natürlich überhaupt nicht zu denken.
Verena Guido lobte vor allen Dingen die problemlose Zusammenarbeit mit Regisseur Benjamin Quabeck, der sich gerne überraschen und der Komponistin weitgehend freie Hand ließ. Da im Vorfeld aber noch Vieles ungeklärt war, stand Guido vor gewaltigen Herausforderungen: „Ich musste mit dem Orchester auch das Playback für einige Songs aufnehmen, ohne zu wissen, wer diese am Ende singen würde. Manchmal war noch nicht einmal klar, ob sie von einem Mann oder einer Frau gesungen werden würden“, so die Komponistin. Andererseits hätte sie diese Narrenfreiheit aber auch als inspirierend empfunden. Obwohl der Hörspielautor es favorisiert hätte, wenn im Stück Originalaufnahmen aus den 1920er und 30er Jahren verwendet worden wären, kam das für die Sender aufgrund der Rechtelage nicht in Frage. Stattdessen wurde es zu Verena Guidos Aufgabe, Songs im Stile von Bertolt Brecht und Kurt Weill zu komponieren, die die ausgelassene Stimmung in der Weimarer Republik stilecht transportierten. Angelehnt an Kurt Weills „Berlin im Licht“ komponierte Guido einen Song, der schließlich für das Hörspiel von Meret Becker eingesungen wurde. Andreas Grimm konstatierte, nachdem das bislang unveröffentlichte Lied beim Workshop vorgestellt wurde, dass Guido die „Weill-Transzendierung ganz beeindruckend gelungen“ sei und sie zugleich eine „eingehende Melodie“ geschaffen habe. Die Aufnahmen mit Meret Becker machte Guido übrigens in der Wohnung der Schauspielerin in Berlin. Einige Männerchoraufnahmen führte die Komponistin in Köln mit der Brasspop-Band Querbeat durch, einzelne Musiker holte sie auch noch einmal solo vor ihr Mikrofon, wie insgesamt der Einfallsreichtum Guidos bei dieser Produktion durchweg gefragt war. Für die acht halbstündigen Folgen, die ab dem 22. Oktober 2018 wochentags auf WDR3 zu hören sein werden, hat Verena Guido am Ende rund 100 Minuten Gesamtmusik komponiert.
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