Wille zum Widerstand – mit diesem Credo begegnen viele Künstler dem lähmenden Covid-Virus. Wie die Krise sich in eine kreative Neujustierung und den Aufbruch in nachhaltige Schaffensperioden wandelt, zeigt aktuell auch das Theater im Bauturm. Die renommierte Stätte an der Aachener Straße kündigte im Zuge des neuen Spielplans neben den kommenden Premieren innovative Konfrontationen mit den Menschen an. Nicht nur die Darsteller, auch die Theatermitarbeiter und Zuschauer (sowie Pressevertreter) erfahren eine verstärkte Einbeziehung in die Stücke.
Kritik, Lob oder Protest schon während der Performances sollen zur Selbstverständlichkeit im Rahmen bereichernder Diskurse werden. Die anfänglich drohende Isolation, bedingt durch die Aufführungsverbote, führte demnach zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Theaterleitung, Künstlern, Bühnen- sowie Verwaltungsmitarbeitern und gipfelte schließlich in unerwarteten Impulsen. „Wir haben die Zeit intensiv genutzt, um technisch aufzurüsten. Aron Schmidt, unser Mann fürs Ticketing, wurde beispielsweise durch Weiterbildungsmaßnahmen zum Mit-Produzenten für Kurzfilme des Hauses, mit denen wir in der Krise Präsenz zeigen. Doch wie rettet man diesen neuen Zusammenhalt und diese Kontakte zu den Leuten?“, sinniert Laurenz Leky, der sich darüber hinaus dankbar für die unbürokratische Hilfe von Seiten der Stadt, des Landes und des Bundes zeigt, mit deren Zuwendungen in den vergangenen Monaten Ausfallhonorare für die Schauspieler gezahlt werden konnten. Die Pandemie habe offenbart, dass eine neue Zeit angebrochen sei: „Klar ist, wir wollen nicht weitermachen wie vorher. Auf diese Erfahrungen gilt es zu reagieren. Um die Gemeinschaftlichkeit zu fördern, wollen wir die Hierarchien im Haus noch flacher gestalten, damit sich jeder in die Prozesse mit einbringen kann“, so der Theaterleiter.
Grünes Licht für die zukünftigen Vorhaben erhalten Leky und sein Team um Geschäftsführer Bernd Schlenkrich sowie Dramaturg René Michaelsen dabei vom Trägerverein durch die Verlängerung des auslaufenden Vertrags für weitere fünf Jahre. „Wir sehen uns mehr als künstlerisch schaffende Theatermacher denn als Kuratoren. Das Theater muss wieder ein Versammlungsort für die unterschiedlichsten Stimmen werden“, betont der Hausleiter die Notwendigkeit zur Veränderung. Dazu gehöre auch die Abkehr von langfristigen Planungen. „Mit Lauf der Spielzeit wird es bei uns weniger konkret. Das hat aber nichts mit Orientierungslosigkeit zu tun. Es ist lediglich die Quintessenz aus der jüngeren Vergangenheit“, erläutert René Michaelsen. Als Vorzeichen auf die kommenden Produktionen gilt das improvisierte Format mit Bezug auf William Shakespeare: „Wie baut man aus dem Nichts eine Welt? Die Antwort darauf haben wir Shakespeare zu verdanken, ein großes Geschenk“, schwärmt René Michaelsen vor der ersten Darbietung im November dieses Jahres. Um die gesteckten Ziele zu erreichen, verpflichtete die Stätte ferner Kieran Joel als neuen Hausregisseur (u. a. „Don Quijote“, „Moby Dick“, „Das Theater und sein Double – ein Ausbruch“), der anlässlich seiner Vorstellung den Aufstand gegen die „Hüter des Konventionsbruchs“ skandierte.
Den Auftakt in die neue Spielzeit markierte der Lyrikabend zu Ehren Paul Celans, „Die Welt ist ein Tausendkristall“ mit Ingeborg Haarer. Als erste Premiere nach der Sonderveranstaltung folgte am 17. September „Madonnas Traum“ von Doğan Akhanlı unter der Regie von Susanne Schmelcher. Bereits im Vorverkauf befinden sich die Tickets zum Bauturm-Gastspiel in der Volksbühne am Rudolfplatz. Dort soll in einer Koproduktion mit der Freien Volksbühne Anna Gmeyners „Automatenbüfett“ (Regie: Susanne Schmelcher) am 5. März 2022 aufgeführt werden. Weiterhin im Programm verankert sind unter anderem „Kunst“, „Petermann! Eine kölsche Paranoia“ und „Biotopia. Ein Kölner Bestiarium“.
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