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Julia Dick und Katharina Jej (v.l.)
Foto: Thomas Dahl

„Erdig, nahbar, ehrlich“

28. Mai 2025

Das Performance-Duo Katze und Krieg über „Alles wirklich“ im öffentlichen Raum – Premiere 06/25

Julia Dick und Katharina Jej alias Katze und Krieg befassen sich in ihrer Performance mit der Frage, wie sich eine veränderte Sichtweise auf die Wahrnehmung des Stadtalltags auswirkt.

choices: Frau Jej, Frau Dick, aus Gründen der Zeitnot für die Vorbereitung auf dieses Gespräch bitte ich darum, dass Sie mir die erste Frage stellen.

Katharina Jej (KJ): Ich würde gerne von Ihnen wissen, warum Ihnen Katze und Krieg aufgefallen ist und warum Sie dieses Interview machen möchten.

Wegen diesem Kopfkino, diesem Bild. Der Name Katze und Krieg hat mich sehr neugierig gemacht. Der Krieg ist schon ewig in mir manifestiert. Dazu hat sich jetzt noch dieses wundersame Wesen gesellt. Ich frage mich, was es mir sagen soll, ob ich ihm folgen darf, welche Geschichten wohl daraus entstehen könnten. Ich werde Sie übrigens nicht nach dem Ursprung ihres rätselhaften, romantischen Namens fragen. Wie finden Sie das?

KJ: Da müssten Sie auch das Aufnahmegerät ausschalten. Wir möchten nicht, dass die Geschichte hinter unserem Namen publik wird.

Julia Dick (JD): Dafür ist sie zu speziell.

Ihr neues Stück heißt „Alles wirklich“. Also besteht kein Anlass, zu träumen oder auf Utopien zu hoffen?

KJ: Was ist wirklich wirklich? Da gibt es himmelweite Unterschiede, zwischen dem, was ich wahrnehme, worauf ich den Fokus setze, wie die Welt mit mir und ich mit der Welt interagiere. Wir wollen in der Performance erfahren, wie unterschiedlich diese Wirklichkeiten sein können und wie wir sie gestalten können. Auch wenn sie manchmal ganz schön erschreckend sind.
JD: Ich würde sagen, es gibt ja diese ganzen Menschen. Jeder ist in seiner Wahrnehmung drinnen und denkt, dass diese wirklich sei. Alle diese unterschiedlichen Wirklichkeiten stehen nebeneinander, konkurrieren vielleicht sogar gegeneinander.

Nehmen wir an, Sie seien Kritikerinnen. Wie würden Sie eine Rezension zur Aufführung überschreiben?

KJ: „Eigentlich war es mir klar, doch es zu erfahren, verändert alles“

JD: „Warum dauert die Performance keine drei Tage?“ oder „Ein Spiel mit Wahrnehmungsweisen“.

Vor nahezu 20 Jahren haben Sie in „Liebesgeschichten“ versucht herauszufinden, was Liebe sein kann – nicht, was sie ist. Was ist davon geblieben?

JD: Auf jeden Fall unsere Arbeitsbeziehung, sie ist von Liebe durchzogen.

KJ: Eine gewisse Extremität, eine Ganzheitlichkeit. Wir haben bei „Liebesgeschichten“ von morgens bis abends in einem Raum geprobt und dann die Geschichten aus den Interviews aufgeführt. Wir haben dort auch übernachtet, also quasi gelebt.

Sie haben als Startpunkte der Aufführungen die Eigelsteintorburg, die Agneskirche und die Kirche St. Heribert ausgewählt, allesamt Zeugen der Vergangenheit. Welche Rolle spielen diese Orte für die Gegenwart?

KJ: Weil es an diesen Orten noch Raum gibt, der von Menschen genutzt werden kann. Mir ist es erst später klargeworden, dass es Plätze mit Kirchen oder alten Gebäuden sind.

JD: Wir haben nach Plätzen mit Sitzmöglichkeiten geschaut, die belebt und einigermaßen heterogen, aber nicht zu laut sind. 


Sie meiden Theatersäle und spielen im öffentlichen Raum. Dabei sind Sie nicht nur der Witterung und der Technik, sondern auch den Reaktionen der Menschen ausgesetzt. Was sind extreme Erfahrungen, die Sie dabei bisher gemacht haben?

JD: Unsere Eingriffe haben schon Pöbelein und Anmachen, Polizeieinsätze, aber auch Flirts und das Eingehen von Verbindungen und Komplizenschaft nach sich gezogen. In unseren Probenprozessen lautet eine zentrale Frage, die wir uns stellen: Wie finden wir einen guten Weg, es zu ermöglichen, dass wir auf unterschiedlichste Reaktionen gefasst sind und damit umgehen bzw. diese integrieren können? Der Umgang mit dem Ungewissen ist die große Spannung für uns. Das ist im Theater oftmals nicht so möglich. Wir sind Forschende für verschiedene Realitäten. 

Kunst und Kultur sind in aller Regel von Unterstützung abhängig. Als Performerinnen auf den Straßen und Plätzen fallen Sie aus dem gängigen Schema. Fühlen Sie sich wertgeschätzt, etwa durch Fördergelder?

KJ: Es hat ein paar Jahre gebraucht, bis wir wahrgenommen und gefördert wurden. Ich kann das aber nicht mit anderen Gruppen oder Theatern vergleichen. Ich fühle mich nicht benachteiligt, weder von Stadt, Land oder Bund.

JD: Schwieriger haben wir es, woanders aufzutreten. Da sehe ich für eine klassische Theatergruppe, die internationale Häuser bespielt, bessere Strukturen. Wir fallen leider wegen unserer Losgelöstheit von vielen Institutionen und unserem Schwerpunkt auf den öffentlichen Raum ein bisschen durch. Hier in Köln können wir uns sehr gut entfalten. Aber wenn wir unsere Arbeit in andere Städte übertragen wollen, ist es stets aufwendig, hierfür die notwendigen Gelder zu erhalten.

In Ihrem Stück geht es ja auch um die Wahrnehmung des Stadtalltags. Welche Schlagworte fallen Ihnen spontan zu Köln ein?

JD: Ein bisschen verpeilt, relaxt, eng, andauernd feiernd.

KJ: Erdig, nahbar, ehrlich, direkt, eng, unkompliziert.

Alles wirklich | Eigelsteintorburg | 26.6. 18 Uhr | Agneskirche | 27.6. 18 Uhr | Kirche St. Heribert | 28.6. 18 Uhr | www.katzeundkrieg.de

Interview: Thomas Dahl

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