Besser drinnenbleiben. Draußen ist nicht es sicher. Verbote, Gestank, Fremde, Lärm, Gefahr. Oder doch mal kurz vor die Tür gehen? Nicht lang ... Rein oder raus ins Leben ist die Frage in der neuen Comedia-Produktion „Draußen“. Unmittelbar vor der Stadthalle Mülheim werden in einer Zirkuszelt-ähnlichen Stahl-Stoff-Konstruktion die (eingebildeten) Türen zum Ein- und Ausströmen aufgestoßen. Die Inszenierung unter der Regie von Maximilian von Ulardt richtet sich an Kinder und Jugendliche ab zehn Jahren und fragt nach den Bedürfnissen junger Menschen im öffentlichen Raum. Ein spielfreudiges Ensemble, bestehend aus den Schauspielerinnen Leona Blank, Teresa Townsend und elf Laiendarstellerinnen, versetzt nicht nur das Publikum in einen gedanklichen Bewegungsreigen. Auch die Passanten in unmittelbarer Nähe zum Wiener Platz werden von der Theater-Tanz-Performance angezogen. Über 45 Minuten hadern die Protagonistinnen mit ihren Wünschen und Ängsten, wägen ab, ringen sich zu Entscheidungen durch und hinterfragen diese doch wieder. Drinnen ist es sicher. Draußen ist alles möglich. Das bedeutet Freunde treffen, die Sonne und den Wind fühlen, Vanilleeis auf der Zunge zergehen lassen – aber auch latenten Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Faschismus, Vandalismus. Also lieber doch zuhause bleiben. Aber was ist dieses Zuhause eigentlich? Die Akteurinnen befragen dazu ihre Gäste im Rund und erhalten naturgemäß verschiedenste Antworten: „Ein Ort der Stille“, „Da, wo die Familie ist“, „Wo meine Freunde sind“, „Die Couch im Wohnzimmer“, „Wo ich auch bei Regen spielen kann“, „Der Planet Erde“.
Neben schauspielerischer Qualität erfüllt „Draußen“ auch die Kriterien eines sozialwissenschaftlichen Experiments, denn für die Vorarbeiten recherchierten die Theatermacherinnen und -macher ein Jahr lang im Stadtteil. Sprache und Sounds des sogenannten „Brennpunktviertels“ fließen hier in eine urbane Choreografie, die ein Spektrum von elementarer Lebensfreude bis zur Niedergeschlagenheit umfasst. Die Möglichkeiten eines intensiv aufeinander abgestimmten Kollektivs werden in der Inszenierung variabel ausgelotet und zeigen die Ensemblemitglieder als gleichberechtigte Einheit, in der die Hauptrolle dreizehnfach besetzt ist. „Draußen“ – eine unverzichtbare Erfahrung bei jedem Wetter.
Draußen | 21. - 25.5. | P: Comedia Theater | Außengelände Stadthalle Mülheim | 0221 88 87 72 22
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