Mini wird ständig übersehen. So, als wäre sie zu klein oder aus Glas. Einfach nicht da oder nicht wichtig genug. Und wenn man sie wahrnimmt, wird sie aus dem Weg geschoben. Dabei will Mini nur helfen. Deshalb ist sie Praktikantin in einem namenlosen Theater geworden und läuft durch die Flure im Hinterhaus, zwischen Schneiderei und Requisite, Bühne und Kantine. In „Opus 132“, dem neuen Projekt des inklusiven Schauspiel-Ensembles Theaterkönig, wird ihre Geschichte erzählt – und drumherum schwebt der dritte Satz aus Beethovens Streichquartett Nr. 15 in a-Moll. „Das ist einfach eine wunderschöne Melodie“, erklärt Regisseurin Sabine Hahn, die die Theatergruppe 2006 gegründet hat. „Außerdem bietet sie einen traumhaften Ausgangspunkt für die Geschichte.“
Diese ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern beruht auf den Erfahrungen eines Theatermitglieds. „Natürlich haben wir viel dramatisiert und künstlerisch überhöht“, erklärt Hahn. „Es handelt sich um eine sehr empfindsame Person mit einer sehr eigenen Fantasie, deren Erlebnisse wir theatral und performativ aufgreifen. Mittendrin schauen wir sogar in den Kopf und arbeiten assoziativ.“ Das Skript hat Ulrich Marx verfasst, der von Anfang an als Ensemble-Autor an Bord war und die verschiedenen Mitglieder bestens kennt. „Das hilft ungemein, da von den 15 Schauspielerinnen und Schauspielern zwei Drittel mit irgendeiner Art von Beeinträchtigung zu kämpfen haben.“
Dennoch – oder vielmehr gerade deswegen – müssen alle Beteiligten innerhalb von knapp 80 Minuten alles geben. „Wir versuchen, in aller Konsequenz inklusiv zu sein, also alle nicht nur zu fördern, sondern sie auch zu fordern. Unser Anspruch ist, so professionell wie möglich zu arbeiten, weil unsere Schauspielerinnen und Schauspieler diese Art der Gleichberechtigung einfordern.“ Zumal vier von ihnen Schauspielschülerinnen und -schüler des neuen inklusiven Ausbildungszweigs der Theaterschule Der Keller sind, an der Hahn unterrichtet. „Natürlich habe ich den Vorteil, dass ich das Ensemble sehr gut kenne und weiß, wozu sie in der Lage sind, aber ich bin doch jedes Mal überrascht und begeistert, mit was für einer Energie und Spielfreude sie auf die Bühne gehen.“
Opus 132 | 12. (P), 13., 15., 16., 17., 18.7. je 19.30 Uhr | Comedia Theater | 0221 88 87 72 22
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