Kaum eine andere deutsche Stadt ist während des Zweiten Weltkriegs so oft und so heftig von den Alliierten bombardiert worden wie Köln. Rund 1,5 Millionen Sprengkörper haben zwischen 1940 und1945 weite Teile der Innenstadt in Schutt und Asche gelegt. 80 Jahre später ist natürlich längst Gras darüber gewachsen, und das im wahrsten Sinne des Wortes: Die insgesamt elf Trümmerberge, die während des Wiederaufbaus angelegt wurden, sind inzwischen Teil des Grüngürtels und vor allem im Sommer beliebte Ausflugsziele. Jetzt versucht das Theater der Keller, diese historisch gewachsenen Stätten in der Performance „Floating Seeds“ mit ganz frischen Trümmern zu verbinden: Denen in zahlreichen ukrainischen Städten, die im Verlauf des russischen Angriffskriegs gnadenlos zerstört worden sind – und die auch weiterhin beschossen werden.
Das Projekt will eine Brücke zwischen Köln und der ukrainischen Stadt Poltawa schlagen. „Ich habe in der Vergangenheit immer wieder mit ukrainischen Künstlerinnen und Künstlern gearbeitet“, betont Regisseurin Ulrike Janssen, „und die waren immer sehr an unseren Trümmerbergen interessiert. Insofern lag es nahe, dies für unsere multimediale Performance aufzugreifen.“ Für diese haben Janssen und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter Fotos, Videos und Tonaufnahmen in Poltawa gesammelt, haben mit Veteranen gesprochen und mit Binnenflüchtlingen, die entwurzelt sind und nun einen neuen Platz finden müssen, wo sie wachsen und gedeihen können. Dieses Material soll in Köln mit einem modularen Kunstwerk kombiniert werden, an dem ein ukrainischer Bildhauer derzeit arbeitet. „Vasyl Markush wird irgendwann die verschiedenen Elemente zu uns schicken lassen oder sie im besten Fall selber herbringen“, so Janssen. „Wir hoffen, bis dahin seitens der Stadt Köln eine Sondergenehmigung erhalten zu haben, mit der wir die Performance an oder auf einem der Trümmerberge realisieren dürfen. Das erweist sich allerdings als gar nicht so einfach.“ Bei der Premiere soll „Floating Seeds“ wiederum live nach Poltawa gestreamt werden. „Im besten Fall gelingt es uns, mit Hilfe der digitalen Welt eine Begegnung zwischen dem deutschen und dem ukrainischen Publikum zu initiieren“, erklärt Janssen.
Floating Seeds | 13., 14.6., je 21.30 Uhr | voraussichtl. im Rheinpark | Eintritt frei | www.theater-der-keller.de
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