choices: Herr König, wissen Sie inzwischen, ob etwas vom dem Nachlass Ihres Vaters René König gerettet wurde oder wo er sich befindet?
Oliver König: Nein, wir Nachlassgeber wissen gar nichts. Die letzte Information der Stadt stammt vom April vergangenen Jahres. In der damaligen Mitteilung hieß es „Zwischenzeitliche Anfragen kann das Historische Archiv auf Grund der starken Beanspruchung und der laufenden Erfassung und Restaurierung nicht leisten.“ Im Klartext: bitte nicht anrufen.
Es gab seitdem kein Zeichen von „Good Will“?
Die Behandlung der betroffenen Nachlassgeber ist selber schon wieder ein Skandal. Es wäre sinnvoll gewesen, seitens der Stadt einen ständigen Ansprechpartner zu benennen, der auf die Geschädigten zugeht.
In der öffentlichen Diskussion haben Stichworte wie Transparenz gerade Konjunktur.
Das Personal und die Strukturen in der städtischen Verwaltung sind die gleichen wie vor dem Einsturz. Alles ist so weiter gegangen, als wenn nichts passiert wäre.
Warum haben Sie seinerzeit die Archivalien an das Kölner Archiv gegeben?
Eine Alternative wäre das Bundesarchiv gewesen. Uns erschien es aber damals sinnvoll, das Material in Köln zu belassen, wo unser Vater gewirkt hat. Zudem war das Stadtarchiv damals berühmt für seine Sammlung bedeutender Nachlässe von Bürgern, die die Stadt mitgeprägt haben.
Würden Sie heute noch einmal so entscheiden?
Wer hat schon mit einem solch monströsen Einsturz rechnen können! Andererseits: Hinterher ist man immer klüger. Nach dem derzeitigen Stand werden wir den Nachlass nicht in Köln belassen, egal, in welchem Zustand er wieder auftaucht. Die Stadt hat mit der Ernennung einer Mittelalter-Expertin zur neuen Leiterin signalisiert, welches Profil sie dem Stadtarchiv geben will. Sie hat auch schon einmal versucht, die Abteilung der Personennachlässe zu schließen. Das sind zeitgenössische Dokumente, die bis in die politischen Konflikte der letzten Jahrzehnte hineinreichen. Das will man nicht.
Wohin wird der René-König-Nachlass dann gehen?
Ich habe erste Kontakte mit dem Literaturarchiv Marbach.
Sie klagen gegen die Stadt auf Schadensersatz. Der aktuelle Stand?
Es sind derzeit drei Kläger. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Landgerichts in seiner zurückhaltenden Juristensprache vom Tisch gefegt. Es hat auch durchblicken lassen, dass es die Stadt in der Verantwortung sieht. Der Prozess ist im Moment ausgesetzt, weil man das Ergebnis der Gutachten zur rein physikalischen Einsturzursache abwarten will. Man wird sehen, ob die Stadt gegenüber den Leihgebern einlenkt.
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