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Foto: Paulina Triebs

Im Land der Schnurrbärtigen

05. Januar 2022

„Feuerschlange“ in der Orangerie – Prolog 01/22

Es war einmal ein Waffenproduzent, der wollte voll –, äh, halbautomatische Waffen ins „Land der Schnurrbärtigen“ exportieren. Doch die hiesigen Ministerien hatten Bedenken, in Unruheprovinzen zu liefern. Da bestätigte das „Land der Schnurrbärtigen“ auf Wunsch des Waffenproduzenten, dass die Waffen gerade dort gebraucht würden, wo rundum Ruhe und Frieden herrschten – und daraufhin beglückwünschten sich alle zu dem gelungenen Deal.

So ähnlich steht es in Philipp Löhles Farce „Feuerschlange“, die den Waffenhandel thematisiert. Im Zentrum: Der Waffenproduzent „Lecker und Loch“, unschwer als Heckler und Koch zu entlarven, der bekanntlich gerade in einen abstrusen Streit mit einem ostdeutschen Konkurrenten um einen Auftrag der Bundeswehr verwickelt ist. Regisseur Tim Mrosek inszeniert diese Farce als Diplominszenierung der Theaterakademie Köln. Das hat nicht nur mit dem aktuellen Thema zu tun. Diplominszenierungen sollten den Absolventen „Möglichkeiten bieten, sich variabel zu zeigen“ und es sollten alle möglichst gleich vertreten sein, so Tim Mrosek. Alle drei Aspekte bedient Löhles „Feuerschlange“ reichlich. Deutschland gehört zu den wichtigsten Waffenproduzenten und -exporteuren weltweit und Heckler und Koch ist ein internationaler Player erster Güte, den Löhle auf wunderbar groteske Weise beim Geschäftemachen zeigt. Sein Stück ist zudem ein gewaltiges Kaleidoskop mit zahlreichen Rollen, das Szenen mit Lecker und Loch und den Bundesministerien neben Szenen aus einem Klassenzimmer oder mit indigenen Göttern stellt – ein szenisches Materiallager mit völlig unterschiedlichen Atmosphären des Grotesken.

„Wir haben gemeinsam eine Dramaturgie erarbeitet“, erzählt Tim Mrosek. Dafür hat das Team viel gelesen, Filme geschaut, Löhles Stück schließlich verdichtet, und zusätzliches Eigenmaterial wie eine Rahmenhandlung oder Gesangseinlagen entwickelt. Mrosek, der seine Stücke gerne aus dem leeren Bühnenraum entstehen lässt, ließ sich aber auch verführen: „Man kommt auf sehr filmische Ideen“. Deshalb stapeln sich beispielsweise die Requisiten auf der Bühne. Waffen sind übrigens auch darunter. Materialschlachten kennt bekanntlich nicht nur der Krieg, sondern auch das Theater.

Feuerschlange | R: Tim Mrosek | 11.-15.1. 20 Uhr | Orangerie Theater | 0221 952 27 08

HANS-CHRISTOPH ZIMMERMANN

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