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„Leni Riefenstahl“
Foto: Christof Wolff

Selbstreferenz

26. Januar 2012

Riefenstahl-Abend in der Studiobühne – Theater am Rhein 02/12

„Führerbraut ohne Geschlechtsverkehr“ nannte sie Rudolf Augstein, Alice Schwarzer hingegen erhob sie in den Rang einer Heroine der Frauenbewegung. Das Image der Tänzerin, Regisseurin und Fotografin Leni Riefenstahl ist und bleibt umstritten. „Genie des Films“ (Jean Cocteau) oder ästhetische Erfüllungsgehilfin des Dritten Reiches? Ihre Hitler-Apotheose „Triumph des Willens“ bestimmt bis heute unser Bild vom Nationalsozialismus, doch Riefenstahl proklamierte, dass ihre Filme sich allein auf das Schöne konzentrierten und mit Politik nichts zu tun hätten.

Das Verhältnis von Kunst und Politik lotet auch die Produktion des ANALOG-Theaters in der Studiobühne aus. „Leni Riefenstahl – Die Kölner Prozesse“ überschrieben, geht der Abend weniger mit einer einzelnen Künstlerin ins Gericht, als dass laut über Schuld, Sühne und Verantwortung nachgedacht wird. Der Theaterraum ist Tribunal, Arena und Kirche zugleich. Zwei Tribünen stehen sich gegenüber: eine für das Publikum, dort platziert, wo sonst die Bühne ist, und eine für das vierköpfige Ensemble. Im Hintergrund bedrohlich groß ein Kreuz aus farbigen Neonröhren, rechts und links gerahmte Bildschirme.

Regisseur Daniel Schüssler bemüht sich um ironische Distanz zu seinem mehr als vielschichtigen Gegenstand, gibt sich betont selbstreferenziell. Das Theater in seinen Möglichkeiten zu hinterfragen, ist immer ein probates Mittel der Komplexitätsreduktion, dem Erkenntnisgewinn in diesem Fall aber nur bedingt dienlich.

Die „Kölner Prozesse“ lassen verschiedene Kunstformen kollidieren: die Kurzoper „Mörder – Hoffnung der Frauen“ von Paul Hindemith und Oskar Kokoschka kommt als perfekte Playback-Vorstellung (mit Chor!) zur Aufführung. Werden hier noch mentalitätsgeschichtliche Grundlagen klug assoziiert kommentiert, geht es in der Folge um die Wohlstandsprobleme der Gegenwart. Wie politisch korrekt konsumieren? Vor der Wucht von Riefenstahls Werk und ihrer bodenlosen Naivität als Person hat die Produktion da zwar längst kapituliert, aber es ist doch mit Schuld als moralische Kategorie ein Feld im Verhältnis von Politik, Gesellschaft und Kunst abgesteckt worden, das immer wieder neu verhandelt werden muss.

„Leni Riefenstahl – Die Kölner Prozesse“ | Konzept und Regie: Daniel Schüssler | Studiobühne | 21.-25.3., 20 Uhr | 0221 470 45 13

SANDRA NUY

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