Der Rosengarten von Madame Vernet
Frankreich 2021, Laufzeit: 94 Min., FSK 6
Regie: Pierre Pinaud
Darsteller: Catherine Frot, Melan Omerta, Fatsah Bouyahmed
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Sympathische Außenseitergeschichte
Ein Leben für Rosen
„Der Rosengarten von Madame Vernet“ von Pierre Pinaud
Für seinen zweiten Langfilm hat Pierre Pinaud („Sag, dass du mich liebst“) sich eines Themas angenommen, das im Kino verhältnismäßig selten bearbeitet wird. Im Mittelpunkt von „Der Rosengarten von Madame Vernet“ steht nämlich eine Rosenzüchterin, die den Betrieb ihres Vaters fortführt, obwohl das kleine Familienunternehmen schon längst nicht mehr konkurrenzfähig ist. Der große Antagonist des Films ist deswegen auch ein Großunternehmer des Metiers, ein gewisser Lamarzelle (Vincent Dedienne), dem es einzig und allein um die wirtschaftlichen Interessen geht. Für Eve Vernet (Catherine Frot) hingegen sind Rosen ihr Leben, sie hat deren Schönheit und Eleganz von Kindesbeinen an kennengelernt, weswegen es ihr viel mehr um die Blumen selbst als um die Tatsache geht, aus ihrer Züchtung Profit zu schlagen. Vom Prinzip her ist Pierre Pinauds Film deswegen eine klassische „David gegen Goliath“-Geschichte, in der Redlichkeit und Leidenschaft mehr zählen als skrupelloses Gewinnkalkül. Und doch ist der Film mehr als das, weil er immer wieder neue Wendungen und Überraschungen bereithält.
Denn schon im ersten Drittel wird er kurzzeitig zu einer Art Heist-Movie, weil Madame Vernet in ihrem Betrieb drei Hilfsarbeiter aus einem Resozialisierungsprogramm bei sich aufnimmt, von denen Fred (Melan Omerta) eine lange Vorstrafenliste als Einbrecher vorweisen kann. Durch ihn kommt die Rosenzüchterin auf die Idee, ihrem ärgsten Konkurrenten eine seltene Rosenart zu stehlen, um damit eine neue, preisverdächtige Kreuzung zu erstellen. Aber auch mit diesem spannungsreichen Teilhandlungsstrang erschöpfen sich Pinauds Ideen und Themenkomplexe nicht, denn auch Freds Hintergrundgeschichte wird im Film vertieft. In diesen Momenten geht es um die Überwindung von Vorurteilen, das Entdecken und Fördern individueller Talente, um Zusammenhalt, Freundschaft und den Wert eines jeden einzelnen für die Gemeinschaft.
Bei etlichen anderen Regisseuren hätte diese thematische Vielfalt und inhaltliche Überfrachtung schnell dazu führen können, dass nichts mehr richtig funktioniert, dass der Zuschauer überfordert ist oder im Wust der Ideen den Überblick und letztendlich das Interesse verliert. Nicht so bei Pierre Pinaud. Der Filmemacher, der sich in seinen bisherigen Kurz- und Langfilmen immer für soziale Themen begeistert hat und klare Statements transportierte, weiß wieder ausgezeichnet die Balance zu halten, um sein Publikum in ein Wechselbad der Gefühle zu stecken. Die komischen Komponenten gehen natürlich insbesondere der wieder einmal formidabel besetzten Catherine Frot („Madame Marguerite oder Die Kunst der schiefen Töne“) leicht von der Hand, sie kann auch die Wandlung ihrer Figur glaubhaft vermitteln. Für die sozialkritischen Elemente hat der Regisseur in Newcomer Melan Omerta den idealen Darsteller gefunden, weil er nicht nur einer jüngeren Generation als Identifikationsfigur dient, sondern auch schauspielerisch zu überzeugen versteht.
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