Nikolaus, Weihnachtsmann, Jesuskind – schon wieder so ein Männermonat. Natürlich auch im Kino, der Mann hat den Film ja auch erfunden. Es waren schließlich nicht die Schwestern, sondern die Brüder Lumière, die den Film salonfähig machten. Dabei bildeten die zwei Franzosen anfangs bloß stumpf die Realität ab (Werksarbeiter, Zugeinfahrt und so). Fantasie und Narration indes erfuhr der Film erst durch eine Frau: Alice Guy-Blaché war es, die 1896 den ersten Film inszenierte, der eine Geschichte erzählte. Der männliche Blick prägt derweil bis heute genreübergreifend die Leinwand. So ergründet das Kino auch in dieser Vorweihnachtszeit munter, was der Mann ist bzw. was er sein will.
Also wird‘s heute profan hier: Wir blicken auf den Mann. Der männliche Mensch, der zuallererst vor allem eines sein will: Held! Held sein wollen ist halt dem Mann sein Ding. Mann sein heißt Held sein. Davon träumt schließlich jede Frau – erzählt ihr der Mann. Im Buch. Im Film. Überall. Der Mann ist Held, seitdem Geschichten erzählt werden. Von Männern. Einer davon war Homer, der uns einst den sagenhaften Sandalen-„Dude“ Odysseus zusammendichtete. Christopher Nolan wird im nächsten Jahr von seinen Abenteuern erzählen, jetzt erfahren wir in „Rückkehr nach Ithaka“ schon mal, was Odysseus nach seiner Irrfahrt daheim erwartet. Helden, Helden, Helden: Auch Charly Hübner spielt so einen. Moment: Hübner? Als Held? Doch, da steht’s: „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“. Aber natürlich spielt Charly Hübner keinen Helden, sondern bloß einen vermeintlichen: einen Hochstapler. Womit wir uns schon in der zweiten Kategorie „Mann“ bewegen. Auch Channing Tatum begegnet uns in „Der Hochstapler“ als charmanter Krimineller und deckt damit auch gleich die dritte Kategorie ab: der Mann als Täter.
Von einem solchen wiederum erzählt anregend ambivalent Joachim Triers „Sentimental Value“, in dem ein Regisseur (Stellan Skarsgård) seine Töchter im Stich lässt. Rabiater geht es in „Anemone“ zu, mit dem Daniel Day-Lewis unter der Regie seines Sohnes Ronan auf die Leinwand zurückkehrt. Ein Film über zwei gebrannte Brüder (Sean Bean ist der andere), die schon jung von teuflischer Tat heimgesucht wurden. Fazit: „Wir sind alle satanische Säue!“ So resümiert‘s zumindest Rosa von Praunheim in seinem Autobiopic „Satanische Sau“. Wobei, in „Anemone“ ist der Mann am Ende zugleich vor allem eines – vierte Kategorie: Opfer! Kindsgewalt, Krieg, das volle Programm. Der tragische Mann! Der Mann als Opfer– und am Ende doch wieder Held irgendwie. Damit schließt sich der Kreis. Also fast, denn eine Variante fehlt uns noch: der lächerliche Mann. Lächerlich ist der Mann meist dann, wenn er sich, siehe oben, als Held begreift. Ein Musterexemplar ist hier Bernd Stromberg, der sich nun durch seinen zweiten Kinofilm fuchst. Womit wir auch wieder beim Hochstapler wären. Ach, und ist am Ende nicht jede Variante Mann irgendwie lächerlich? Immerhin: Das macht uns Männer doch schon wieder sympathisch. Oder?
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