Sag, dass du mich liebst
F 2011, Laufzeit: 89 Min., FSK 6
Regie: Pierre Pinaud
Darsteller: Karin Viard, Nicolas Duvauchelle, Nadia Barentin, Patrick Fierry, Catherine Hosmalin, Jean-Noël Brouté, Dani, François Bureloup
>> www.sag-dass-du-mich-liebst.de/
Berührende Tragikomödie um entehrte Mutterliebe
Kontaktarm
„Sag, dass du mich liebst“ von Pierre Pinaud
Sie ist eine Art weiblicher Domian: Mélina (Karin Viard) moderiert eine Hörersendung, wo einsame Herzen und andere Rat suchende ihre Probleme schildern und Mélinas Ratschläge entgegennehmen. Aufmerksam und geduldig hört sie zu, einfühlsam erteilt sie Ratschläge und gibt Tipps. Nach der Sendung geht die elegant gekleidete Moderatorin in ihr Zuhause: Eine schicke Altbauwohnung, perfekt aufgeräumt, etwas karg vielleicht. An der Wohnungstür streift sie ihre Pumps ab, geht ein Zimmer weiter und verschwindet hinter einer weiteren Tür. Es ist ein Einbauschrank, in den sie sich verkriecht, wenn der psychisch labilen Frau alles über den Kopf wächst. Das passiert schnell, denn menschliche Nähe ist für sie ein Problem. Als Kind hat ihre Mutter sie in ein Heim gegeben. Jahrelang hat sie darauf gewartet, dass diese ihr Versprechen wahr macht, und sie wieder zu sich holt – vergebens. Verwunden hat sie diese Enttäuschung nie. Die stets um ihre Anonymität bemühte Moderatorin hält sich die Menschen und ihre Gefühle zu ihnen so gut es geht vom Leibe. Gut geht es ihr damit trotzdem nicht. Einsam, von Zwangsneurosen geplagt, gilt sie ihrer Umwelt als ruppig und kühl. Alleine in ihrer Radiosendung gibt sie die warmherzige Freundin – für Fremde. Aber die verletzte Seele kann nicht vergessen: Nach all den Jahren sucht sie immer noch über ein Detektivbüro nach ihrer Mutter. Eines Tages erhält sie in einem Umschlag eine Adresse: Dort soll ihre Mutter heute wohnen.
Regisseur Pierre Pinaud setzt sich mit seinem Kinofilmdebüt zwischen die Stühle von Komödie und Tragödie. Zwischen die Stühle, weil er nicht wie viele Andere, als Mittler die Stimmungslage einer Tragikomödie sucht, bei der man zugleich mit einem lachenden und einem weinenden Auge das Geschehen betrachtet. Pinaud wechselt zwischen den Genres hin und her: Mal geht er voll im Drama auf: Wenn Mélina in ihren Wandschrank flüchtet, ist das nicht lustig (auch wenn es hier so klingen mag), und wenn sie mit der Titel gebenden Forderung vor ihre Mutter tritt, ist das alles andere als komisch. Wenn sich Mélinas Sauberkeitsfimmel zu einem exzentrischen Reinlichkeitszwang auswächst, einer handfesten Neurose, wenn ihre Angst vor menschlicher Nähe in kuriose Ausflüchte mündet, dann birgt das in der Inszenierung von Pinaud hingegen einiges an Komik. Es ist also keine Gratwanderung, die Pinaud anstrebt, sondern ein Hin und Her. Mitunter stören sich die gegensätzlichen Stimmungslagen. Man fühlt sich gerade in Mélinas Seelenqual ein, da rutscht einem ein Lacher raus. Oder umgekehrt wähnt man einen weiblichen Woody Allen vor sich, mit all den komischen Neurosen, und schon kommt es so dicke, dass jegliches Schmunzeln einfriert. Das könnte für manch einen Zuschauer eine etwas verwirrende emotionale Herausforderung sein. Vor allem, weil Pinaut auf beiden Ebenen große Momente gelingen. Als Ganzes wirkt der Film dann immer wieder etwas unentschieden. Aber „Sag, dass Du mich liebst“ ist ein Debüt, und nicht nur dafür geht der Regisseur bemerkenswert souverän mit den unterschiedlichen Stimmungen um.
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Die schwierige Situation in Venezuela
„Das Land der verlorenen Kinder“ im Filmhaus – Foyer 06/24
Sternenkriege und Weißer Terror
Volles Sommerkinoprogramm – Vorspann 06/24
Ungewöhnliches Liebesdrama
„Alle die du bist“ im Odeon – Foyer 05/24
Doppelter Einsatz für „Afrika“
Spendenaufruf des Afrika Film Festivals – Festival 05/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
„Wir erlebten ein Laboratorium für ein anderes Miteinander“
Carmen Eckhardt über „Lützerath – Gemeinsam für ein gutes Leben“ – Portrait 05/24
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Ernster Mai
Der Frühling schwemmt viele Dokumentarfilme ins Kino – Vorspann 05/24
Prominente Drehorte
Der Verein Köln im Film zeigt in Köln gedrehte Spielfilme – Festival 05/24
„Ich wollte die Geschichte dieser Mädchen unbedingt erzählen“
Karin de Miguel Wessendorf über „Kicken wie ein Mädchen“ – Portrait 04/24
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Filmpalast – Foyer 04/24
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
Gegen die Marginalisierung weiblicher Körper
„Notre Corps“ im Filmforum – Foyer 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
Show halt
Die Sache mit dem Oscar – Vorspann 04/24
„Paradigmenwechsel im Mensch-Natur-Verhältnis“
Mirjam Leuze zum LaDOC-Werkstattgespräch mit Kamerafrau Magda Kowalcyk („Cow“) – Foyer 03/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24