Der Vater ist Bergmann, die Mutter Schneiderin – und er damit ein Arbeiterkind. In seinem neuen Roman erzählt Martin Becker von der eigenen Kindheit in der sauerländischen Kleinstadt Plettenberg: vom Schuften seiner Eltern, von Geldsorgen und Streitereien, von ständigem Zigarettenqualm im Wohnzimmer. Becker lässt die Ereignisse für sich sprechen, verurteilt nicht. „Mir war, bei aller Schonungslosigkeit, der liebevolle Blick auf meine Familie sehr wichtig“, erklärt Becker. „Meine Eltern hatten es nicht leicht, es gab Härten, es gab Schwierigkeiten, es gab Krankheit und Tod – aber doch haben sie das Maximum aus dem gemacht, was sie schaffen konnten.“ Es sei deshalb eine anstrengende, aber auch schöne Schreiberfahrung gewesen. Neben der Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft geht es Becker in „Die Arbeiter“ auch darum, „von einem untergegangenen Milieu und von einer untergegangenen Zeit“ zu erzählen. Beim Schreiben sei er „manchmal richtig stolz“ auf die Generation seiner Eltern gewesen.
Becker ist heute selbst Vater, lebt mit seiner Familie in Köln und in Halle/Saale, und ist als Radiojournalist und Autor tätig. 2007 erschien sein mehrfach ausgezeichneter Erzählband „Ein schönes Leben“, 2016 erhielt er gemeinsam mit Tabea Soergel den deutsch-tschechischen Journalistenpreis. Es folgten weitere Veröffentlichungen, zuletzt sein Roman „Kleinstadtfarben“ (2021), der ebenfalls im kleinstädtischen Arbeitermilieu spielt. Dass Becker mit seiner Tätigkeit das Milieu seiner Kindheit verlassen hat, prägt ihn bis heute: „Eigentlich spielt meine Herkunft ständig eine Rolle für mich – einfach, weil ich nicht glauben kann, dass ich wirklich Bücher schreiben und fürs Radio arbeiten ,darf‘“.
Martin Becker: Die Arbeiter | Mo 22.4. 19.30 Uhr | Literaturhaus Köln | literaturhaus-koeln.de/
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Ende der Selbstbestimmung
Nora Bossong liest im Literaturhaus
Eine neue Tierethik
Maxi Obexer liest im Literaturhaus – Lesung 09/24
Schönheit als Kraftquelle
Gabriele von Arnim im Literaturhaus – Lesung 10/23
Alltägliche Herausforderungen
Julia Trompeter liest im Literaturhaus – Lesung 03/23
Stimme für die Frauen im Iran
Faribā Vafī im Literaturhaus Köln — Lesung 01/23
Von Anatolien nach Deutschland
Dinçer Güçyeter im Literaturhaus – Lesung 11/22
Aufklärung neu gedacht
Angela Steidele im Literaturhaus – Literatur 09/22
Spaniens Literatur zu Gast in Köln
Isaac Rosa und Marta Sanz im Literaturhaus Köln – Lesung 06/22
Georgisch-deutsche Kultur
Nino Haratischwili im Literaturhaus – Lesung 06/22
Poesie der Erinnerung
Esther Kinsky im Literaturhaus Köln – Lesung 04/22
Literarischer Präsentierteller
Die Kölner Literaturnacht ist zurück – Festival 09/21
„Keine Angst vor einem Förderantrag!“
Gründungsmitglied André Patten über das zehnjährige Bestehen des Kölner Literaturvereins Land in Sicht – Interview 10/24
Risse in der Lüneburger Heide
„Von Norden rollt ein Donner“ von Markus Thielemann – Literatur 10/24
Krawall und Remmidemmi
Begehren und Aufbegehren im Comic – ComicKultur 10/24
Förderung von Sprechfreude
„Das kleine Häwas“ von Saskia Niechzial, Patricia Pomnitz und Marielle Rusche – Vorlesung 10/24
Frauen gegen Frauen
Maria Pourchets Roman „Alle außer dir“ – Textwelten 10/24
Vom Wert der Arbeit
8. Auftakt Festival am FWT – Lesung 09/24
Wie geht Geld?
„Alles Money, oder was? – Von Aktien, Bitcoins und Zinsen“ von Christine Bortenlänger und Franz-Josef Leven – Vorlesung 09/24
Ein Quäntchen Zuversicht
Düstere, bedrohliche Welten mit kleinem Hoffnungsschimmer – ComicKultur 09/24
Zerstörung eines Paradieses
„Wie ein wilder Gott“ von Gianfranco Calligarich – Literatur 09/24
Lektüre für alle Tage
Lydia Davis‘ Geschichtensammlung „Unsere Fremden“ – Textwelten 09/24
Reise durchs Eismeer
„Auf der Suche nach der geheimnisvollen Riesenqualle“ von Chloe Savage – Vorlesung 09/24
Schluss mit normativen Körperbildern
„Groß“ von Vashti Harrison – Vorlesung 08/24
Weibliche Härte
„Ruths Geheimnis“ von Aroa Moreno Durán – Textwelten 08/24