choices: Frau Biesenbach, das Thema Glück beschäftigt Sie schon länger. Warum?
Martina Biesenbach: Glück ist begrifflich so allumfassend. Praktisch alle Bereiche wie Religion, Arbeit, Partnerschaft, Krankheit/Gesundheit, sogar der Tod sind mit ihm verknüpft.
Macht Glück Sinn?
Es ist eine unerschöpfliche Quelle künstlerischer Übersetzungsmöglichkeiten. Ich begegne immer wieder Arbeiten von großen Künstlern, die mich beschäftigen und zu neuen Sichtweisen anregen. Aber auch Arbeiten von noch nicht so bekannten KünstlerInnen geben mir oft ein Gefühl von Hoffnung, Verbundenheit und „Glück“, ich bin sehr froh über diese Geschenke.
Ist Glück nicht relativ?
Es gibt kein Glück ohne das Unheil. Der Unterschied zwischen den Gefühlsebenen muss erlebt sein. Es würde sonst keinerlei Veranlassung geben, das eine oder das andere zu suchen oder Veränderungen vorzunehmen. Das wäre dann Stillstand. Auch wenn es schwerfällt, nehme ich die Kehrseite in Kauf, um Glück überhaupt sehen und empfinden zu können.
Macht Kunst glücklich?
Unter Umständen. Glück kommt und geht, wie es will, es wird nie langweilig.
Macht Kunst-Machen glücklich(er)?
Für KünstlerInnen wird Glück natürlich in der Arbeit erlebbar. Wenn die Dinge nach anfänglichem Kampf gut laufen und die Arbeit gut geworden ist, macht das glücklich. Im Arbeitsprozess vergisst man auch den alltäglichen Ärger. Wenn andere Menschen die Arbeit am Ende verstehen oder sogar kaufen, ist das Glück für den Moment perfekt.
Wie wichtig ist dabei das Geld?
Erst einmal kostet das Kunst-Machen selber Geld. Jede Bewerbungsmappe, jeder Ausdruck, die Farbe für Bilder müssen finanziert werden. Es gibt nichts Lästigeres, als vor einem Drucker ohne Farbpatronen zu sitzen. Oder beim Malen den Pinsel drei Nummern kleiner zu wählen, weil die Farbe sonst nicht reicht. Selbst der leidenschaftlichste Künstler gerät bei notorischem Geldmangel in Verstimmungen, weil der Kampf ums Überleben manchmal zu viel Kraft kostet. Dabei hält sich die öffentliche Anerkennung in Grenzen. Menschen, die „im Leben stehen“, belächeln „erfolglose“ KünstlerInnen oft, weil die nicht von ihrer Arbeit leben können und auch noch mieseste Arbeitsbedingungen akzeptieren. Auch die Kassen der Kunst- und Fördervereine sind mittlerweile nicht mehr so voll, Künstler müssen sich oft selbst um Ausstellungen, Einladungen usw. kümmern. Aber wenn dann eine Ausstellung zustande kommt, macht das einfach auch glücklich.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Wir steigern das Bruttosozialprodukt
Über Realitätsverlust, Lebensqualität und Geld - THEMA 04/12 GLÜCK
Existenzsicherung vor Selbstbestimmung
Werner Eichhorst über Arbeit, Qualifikation und Autonomie - Thema 04/12 Glück
30 Stunden sind genug!
Michael Kopatz über Arbeitszeit, Lohnverzicht und Lebensqualität - Thema 04/12 Glück
Gleichheit schafft Glück
Thomas Münch über Geld, Glück und regionale Unterschiede - Thema 04/12 Glück
Kampf um Kalorien
Intro – Den Bach runter
Keine Frage der Technik
Teil 1: Leitartikel – Eingriffe ins Klimasystem werden die Erderwärmung nicht aufhalten
„Klimakrisen sind nicht wegzureden“
Teil 1: Interview – Der Ökonom Patrick Velte über die Rückabwicklung von Nachhaltigkeitsregulierungen
Von Autos befreit
Teil 1: Lokale Initiativen – Einst belächelt, heute Vorbild: Die Siedlung Stellwerk 60 in Köln
Der Ast, auf dem wir sitzen
Teil 2: Leitartikel – Naturschutz geht alle an – interessiert aber immer weniger
„Extrem wichtig, Druck auf die Politik auszuüben“
Teil 2: Interview – NABU-Biodiversitätsexperte Johann Rathke über Natur- und Klimaschutz
Unter Fledermäusen
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Arbeitskreis Umweltschutz Bochum
Nach dem Beton
Teil 3: Leitartikel – Warum wir bald in Seegräsern und Pilzen wohnen könnten
„Städte wie vor dem Zweiten Weltkrieg“
Teil 3: Interview – Stadtforscher Constantin Alexander über die Gestaltung von Wohngebieten
Für eine gerechte Energiewende
Teil 3: Lokale Initiativen – Das Wuppertaler Forschungsprojekt SInBa
Vielfalt in den Feldern
Belohnungen für mehr Biodiversität in der Landwirtschaft – Europa-Vorbild: Österreich
Was bleibt
Die Natur und wir – Glosse
Hört das Signal
Intro – Gesund und munter
So ein Pech
Teil 1: Leitartikel – Opfer von Behandlungsfehlern werden alleine gelassen
„Der Arzt muss dieses Vertrauen würdigen“
Teil 1: Interview – Kommunikationswissenschaftlerin Annegret Hannawa über die Beziehung zwischen Arzt und Patient
Gesundheit ist Patientensache
Teil 1: Lokale Initiativen – Die Patientenbeteiligung NRW in Köln
Heimat statt Pflegeheim
Teil 2: Leitartikel – Seniorengerechtes Bauen und Wohnen bleibt ein Problem
„Wo Regelmäßigkeit anfängt, sollte Nachbarschaftshilfe aufhören“
Teil 2: Interview – Architektin Ulrike Scherzer über Wohnen im Alter
Gemeinsam statt einsam
Teil 2: Lokale Initiativen – Wohnen für Senior:innen bei der Baugenossenschaft Bochum
Privatvergnügen
Teil 3: Leitartikel – Die Zweiklassenmedizin diskriminiert die Mehrheit der Gesellschaft
„Das Gesundheitssystem wird unter Druck geraten“
Teil 3: Interview – Arzt Bernhard Winter über den Vorwurf einer Zweiklassenmedizin