Sound of Freedom
USA 2023, Laufzeit: 131 Min., FSK 12
Regie: Alejandro Monteverde
Darsteller: Jim Caviezel, Cristal Aparicio, Javier Godino
>> 24-bilder.de/filmdetail.php?id=951
Actiondrama über Kindesentführung, basierend auf einer wahren Geschichte
Geschmäckle
„Sound of Freedom“ von Alejandro Monteverde
Tim Ballard will Kinder aus den Fängen ihrer Entführer, vor sexueller Ausbeutung und Sklaverei retten. Da ihm als Special Agent für die Heimatschutzbehörde international die Hände gebunden sind, schmeißt er den Job hin und infiltriert einfach selbst die Szene in Kolumbien. Das alles ist wohl so ähnlich passiert, und Ballard hat darüber ein Buch geschrieben. Regisseur Alejandro Monteverde hat aus dem Buch diesen Film geschaffen. Ein solider Thriller mit einem Helden, der dem Verderben nicht nur mit vielen Tränen, sondern auch mit Taten begegnet. Dazu ein wenig sakrale Musik und der liebe Gott als Hoffnungsanker. Soweit alles im Rahmen.
Aus dem Rahmen fällt dieses Thrillerdrama allerdings im Abspann. Dort ist ein Countdown von ca. zweieinhalb Minuten eingebettet, der eine „Special Message“ ankündigt. Hauptdarsteller Jim Caviezel („Die Passion Christi“) hält darin in Nahaufnahme einen Monolog – so wie sein Charakter im Film mit zunehmend feuchten Augen: Caviezel dankt dem Publikum für den Besuch. Er spricht von Hoffnung. Er spricht davon, dass der Film nicht von ihm oder Ballard erzählt, sondern von den Kindern. Dann wird es weird: Der Film, der bereits 2018 gedreht wurde, konnte erst durch das Engagement eines kleinen christlichen Studios und durch Crowdfunding ins Kino gehievt werden. Warum der Film nur über Umwege ins Kino gelangte, davon erfahren wir nichts. Caviezel lässt hier bloß verlauten, dass dem Unterfangen „jeder Stein in den Weg gelegt wurde, den man sich vorstellen kann“.
Nun kann man sich sehr viel vorstellen, wenn nichts konkret benannt wird. Und wenn man über derlei Andeutungen einen übermächtigen Boykott unterstellt, macht man sich selbst im Umkehrschluss zum Widerständler gegen eine höhere Gewalt.
Rebellion!
Jetzt wird Caviezel auch wieder konkret: „Wir haben nicht die finanziellen Möglichkeiten eines großen Studios für Marketingmaßnahmen“, sagt er. „Aber wir haben euch.“ Und es folgt ein irrer Aufruf: Wenn Millionen Menschen den Film sehen, habe der Film die Macht dazu beizutragen, der globalen Kindesentführung ein Ende zu bereiten. Und damit Millionen Menschen den Film sehen können, sagt Caviezel, sollen die Zuschauer des Films weitere Kinotickets für andere potenzielle Kinobesucher kaufen. Und sie sollen diesen Aufruf mit Freunden teilen.
Caviezel ruft nicht etwa zu Spenden für eine Organisation auf, die Kindsentführung bekämpft. Nein, er ruft dazu auf, im Namen sexuell ausgebeuteter Kinder Kinokarten für ein Thrillerdrama zu kaufen. Mit Pipi in den Augen und einem „Gods children are not for sale“ als letzten Gruß. Die Strategie geht auf: Der US-Start des Films im Juni 2023 wird spürbar gepuscht. Künstlich gepuscht. Noch vor Deutschlandstart hat der Film bereits 180 Millionen US-Dollar eingespielt.
Tom Ballard schwurbelte in den letzten Jahren im Umfeld von Donald Trump. Jim Caviezel schwurbelte öffentlich QAnnon-Verschwörungen. Eduardo Verastegui, Darsteller und Co-Produzent dieses Films, schwurbelt sich als fundamentaler Abtreibungsgegner bis in die mexikanische Präsidentschaftskandidatur.
Der Film selbst „basiert auf einer wahren Geschichte“ und unterfüttert seinen Plot genregerecht mit leichtem Pathos, gelegentlichem Humor und einer dann doch arg plumpen Schwarzweiß-Zeichnung, bei der die Schurken allesamt so aussehen, als würden sie einer MAD-Parodie entspringen. Vor allem aber ist „Sound of Freedom“ solides Unterhaltungskino mit einem an sich ehernen Ansatz.
Der Abspann indes gibt dem Streifen ein bitteres, gruseliges Geschmäckle. Wir sind irritiert. Wir wollen das nicht. Schwurbler, lasst eure Hände von unseren Leinwänden!
Anmerkung: Das Nachwort Jim Caviezels war Bestandteil der Filmfassung, die als Pressevorführung in Köln gezeigt wurde.
(Hartmut Ernst)
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
Toleranz zum Jahresende
Mit Kino zu mehr Empathie finden – Vorspann 12/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
„Mir wurden die Risiken des Hebammenberufs bewusst“
Katja Baumgarten über ihren Film „Gretas Geburt“ – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Nach Leerstellen suchen
„Riefenstahl“ im Weisshauskino – Foyer 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Die hemmungslose Leinwand
Sexualität im Kino – Vorspann 10/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Sorge um die Filmkultur
Veränderungen und Einsparungen stehen vor der Tür – Vorspann 09/24
Disziplin, Drill und Durchlässigkeit
„Mädchen in Uniform“ im Filmforum – Foyer 08/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Sommer-Endspurt
Humor und Weltrettung für Jung und Alt – Vorspann 08/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
Queere Menschen in Polen
„Boylesque“ im Filmhaus – Foyer 07/24
Pssst!
Zu Spoilern, Prequels und Remakes – Vorspann 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24