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„Michael Kohlhaas – I’m every woman“
Foto: Martin Misere

Der Rebell als beliebige Furie

26. April 2018

„Michael Kohlhaas – I’m every woman“ im Bauturm – Theater am Rhein 05/18

Zwei wertvolle Rappen werden dem Pferdehändler Michael Kohlhaas willkürlich vom Junker von Tronka genommen und als Ackergäule zu Schanden missbraucht. Weil sein Klagen auf Wiedergutmachung vor den Instanzen ins Leere läuft, wird der Kaufmann zum Rebell; hier sogar zur Furie. Matthias Köhler inszeniert „Michael Kohlhaas – I’m every woman“ mit vier Schauspielerinnen – Davina Donaldson, Nadja Duesterberg, Thekla Viloo Fliesberg und Lina Maria Spieth.

Der Philosoph Ernst Bloch hat Kleists Kohlhaas einst „Don Quichotte des mittelalterlichen Rechtsverständnisses“ genannt. Weil Kohlhaas’ Forderung, der Schaden an seinem Eigentum, sei zu entschädigen, wahlweise vor Gericht nicht verhandelt oder durch den Junker hintertrieben wird, rennt der von Gerechtigkeit besessene und zum Rebell gewordene Kaufmann gegen die Willkür der Obrigkeit an. Es ist wie immer in der Geschichte: Noch nie hat irgendeine Obrigkeit jemals für Gerechtigkeit gesorgt. Gleiches gilt aber auch für die Raserei des Wutbürgers – in gewisser Weise die Übersetzung des Kohlhaas ins Hier und Heute. Wie die Galgen schwenkenden Pegidisten, die Merkel & Co gerne tatsächlich aufknüpfen würden, es aber (noch) nicht können, so imaginiert sich der Titelheld als Erzengel Michael und zieht mordend und brandschatzend durchs Land. Am Ende erfährt Kohlhaas doch noch Gerechtigkeit – aber eine listige. Von Tronka wird hingerichtet und Kohlhaas bekommt seine wohlgenährten Rappen zurück, um sogleich selbst auf dem Schafott gerichtet zu werden, für all das Unheil, das er über Land und Leute gebracht hat.

Wie das Beleuchtungskonzept, so bietet auch der Abend Licht und Schatten. Da sind zwar vier begeisternde Schauspielerinnen, die leidenschaftlich mit der Rast- und Atemlosigkeit des Kleist’schen Textes spielen – mal klassisch im Chor, mal mit Popversatzstücken (Alicia Keys’ „Girl on Fire“). Dann sind da aber auch irrlichternde Momente, wo das Quartett in bizarrer Girlie-Streetfighter-Pose der Bourgeoisie ein „Fick Dich!“ entgegenreckt; das geht arg am Thema vorbei. Unterm Strich ist der Abend zu beliebig im Spiel mit (pop-)kulturellen und politischen Bezügen.

„Michael Kohlhaas – I’m every woman“ | R: Matthias Köhler | 6., 7., 17.5. je 20 Uhr, 13.5. 18 Uhr, 18.5. 21 Uhr | Theater im Bauturm | 0221 52 42 42

BERNHARD KREBS

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