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„Der rote Raum“
Foto: Ingo Solms

Beziehungsdonnergrollen

02. Februar 2017

„Der rote Raum“ in der Studiobühne – Theater am Rhein 02/17

Das markerschütternde Donnergrollen kündet die Katastrophe bereits an. Die gesamte Studiobühne bebt beim Einlass, das Zuschauerpodium vibriert und selbst die Wände scheinen zu zittern. Ihn (Jan-Martin Müller) ficht das aber nicht an. Rittlings, cool, irgendwie cowboymäßig sitzt er auf einem Holzstuhl im Zentrum der Bühne und beobachtet sie (Jana Jungbluth), die rastlos, gehetzt und aufgebracht ihre Runden dreht. Sie liest Kleidungsstücke auf, legt sie zusammen, um sie gleich wieder aufzuschlagen. Eines ist sofort klar: Bei diesem Paar hängt der Haussegen gewaltig schief. Die Gründe sind aber bislang unausgesprochen, das Donnergrollen kündet nur vom bevorstehenden Showdown.

 

Die Grundkonstellation von „Der Rote Raum“ von Regisseurin Silvia Werner ist gewaltig und beeindruckend. Die Spannung ist geradezu greifbar. Und wie das bei Beziehungsproblemen so ist, birgt ihre Banalität allergrößte Sprengkraft. Wie soll sie sich anziehen, wenn sie jetzt noch ausgehen? „Ich mach mich schnell hübsch“, sagt sie. Er antwortet beiläufig-gehässig: „Viel Glück.“ Ein kommunikativer Giftpfeil, dessen Wirkung nicht mehr zurückgeholt werdenkann. Auch nicht mit dem Wunsch, sie möge doch ihr Kleid anziehen: „Klar, damit man meinen fetten Arsch auch richtig sieht.“ Alles Gesagte trägt Züge einer Unterstellung: Willkommen in der Beziehungshölle!

 

Sie will reden, er seine Ruhe. Ihn nerven die immer gleichen Gespräche, sie will ihn zum Gewaltausbruch provozieren: „Gib zu, dass du es dir schon hundert Mal vorgestellt hast.“ Von ihren Gefühlen zueinander hin-und hergerissen, küssen und schlagen sie sich. Präzise und mit einer nüchternen und zugleich poetischen Sprache inszeniert Regisseurin Silvia Werner diese Schlacht zweier Menschen, die weder mit noch ohne einander sein können. „Bring es zu Ende. Mich. Uns“, fordert sie in dem grollenden Donner. „Das kann ich nicht“, gesteht er. Nach „Exit Romeo“ und „Requiem 2.0“ erneut eine aufsehenerregende, zwischen Sprech- und Performancetheater angesiedelte Inszenierung von Silvia Werner. Das Premierenpublikum spendete zurecht begeisterten Beifall für Spieler und Regie.

 

„Der rote Raum“ | R: Silvia Werner | 10.-15.5. 20 Uhr | Studiobühne Köln | 0221 470 45 13

BERNHARD KREBS

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