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Die 7-jährige Aysun wurde mittlerweile mit ihrer Familie abgeschoben
Foto: Copyright: COCKTAILfilms

Flucht nach Asyland

01. September 2015

Premiere der Dokumentation „Asyland“ im Filmforum NRW in Köln – Foyer 08/15

Ein Leben in Containern, Bettenlagern und Baracken. Eingezäunt und abgeschottet von der Außenwelt – so sieht die harte Realität der Erstaufnahmelager für Flüchtlinge aus. Diese Bilder sind zwar aus den Abendnachrichten bekannt, viel weniger weiß man allerdings, wie es in den Menschen, die dort leben, aussieht. Cagdas Yüksel, Student und Filmemacher aus Mönchengladbach, ist eines Tages an so einem Heim vorbei gejoggt und hat das getan, was sich fast niemand traut: Er ist hinein gegangen. Was er dort gesehen hat, war so bewegend, dass er helfen wollte. Er hat ein Team aus ehrenamtlichen Helfern um sich versammelt und konnte durch Crowdfunding einen Teil der Produktion für die Dokumentation „Asyland“ finanzieren.

„Die Menschen davon zu überzeugen, Verantwortung zu übernehmen.“ Eine klare Zielsetzung, die das Doku-Team laut Yüksel umsetzen wollte. So schafft „Asyland“, was die vielen Medienberichte zum Thema nicht vermitteln können: Nähe. Die Zuschauer nehmen im vollbesetzten Filmforum des Museum Ludwig 60 Minuten lang die Perspektive von Menschen ein, die Schreckliches erlebt und alles zurück gelassen haben. Bei den Erzählungen der Betroffenen stockt einem mehr als einmal der Atem. Eine Frau mittleren Alters, in Syrien war sie Lehrerin für Philosophie und Englisch, verarbeitet traumatisierende Erlebnisse aus einem fünfmonatigen Gefängnisaufenthalt. Ein junger Mann beschreibt die beklemmende Überfahrt nach Europa mit einem Boot, auf dem er Todesängste ausgestanden hat. Die traurige Musik, mit denen diese Momente unterlegt werden, ist eigentlich gar nicht mehr nötig.

Cagdas Yüksel (links) bei der anschließenden Podiumsdiskussion, Foto: David Gruber

Denn „Asyland“ ist viel mehr als nur Betroffenheitskino. Die Doku wirft einen realistischen Blick in den Alltag von Flüchtlingen in Deutschland, der glücklicherweise auch einige erheiternde Momente zu bieten hat, die angesichts des Schicksals der Akteure fast schon überraschen. Das Berliner Projekt „Multitude“ hat es sich zum Ziel gemacht, Flüchtlinge in die Gesellschaft zu integrieren. Sie veranstalten gemeinsame Grillabende und Weihnachtsfeiern und machen so deutlich, dass es eigentlich ganz einfach ist, Menschen zu helfen und ihnen so wieder eine Perspektive im Leben zu geben. Auch der Stand-Up Comedian Fatih Çevikkollu kommt zu Wort, der sich Flüchtlingsgegnern mit messerscharfem Witz entgegensetzt.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, an der unter anderem Grünen-Politiker Volker Beck und Vertreter der taz, sowie Amnesty International teilnehmen, wird die Kernaussage des Films noch einmal auf den Punkt gebracht: Die Integration von Flüchtlingen ist nicht nur Aufgabe der Politik, sondern auch der Menschen, die in einem Land leben. 

David Gruber

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