Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
15 16 17 18 19 20 21
22 23 24 25 26 27 28

12.557 Beiträge zu
3.787 Filmen im Forum

Otto Dix Häuserreihen in B um 1916/1924 Gouache
© Sammlung Faber-Castell

Vor 100 Jahren

19. Dezember 2013

Zwei Ausstellungen in Bonn – Kunst in NRW 01/14

In der Frühzeit des 20. Jahrhunderts überschlugen sich die Ereignisse. Technische Errungenschaften machten das Leben schneller und führten zu einem Wandel der Gesellschaft. Der Widerstreit von Tradition und Fortschritt verstärkte sich. Die Großstädte wuchsen, damit gingen soziale Fragen einher. In Deutschland lebte ein Teil der Bevölkerung in Saus und Braus, der andere verarmte. In diesem Gebräu aus ambivalenten Erfahrungen brach der Erste Weltkrieg aus, im August 1914 … Die erste globale Katastrophe des 20. Jahrhunderts jährt sich nun zum hundertsten Mal und auch in NRW werden die damaligen Ereignisse beleuchtet. Bereits im vergangenen Herbst hat das Landesmuseum Bonn die Schau „1914 – Welt in Farbe“ eröffnet. Ausgestellt sind Ausschnitte der „Archive des Planeten“, die der französische Bankier Albert Kahn 1908-1930 zusammentrug, um so zum Verständnis für fremde Völker beizutragen und den heraufziehenden Krieg zu verhindern. Er beauftragte Fotografen, überall auf der Welt, auch in den Kolonien, den Alltag aufzunehmen. Die 72.000 Fotografien und die Filme, die er gesammelt hat, bilden ein phänomenales ethnographisches Archiv, das Kulturen vor ihrem Aussterben festhält. Natürlich ist der Blick von Kahns Fotografen westlich geprägt; die Fotos sind in Farbe aufgenommen und wirken dadurch fast wie von heute, mit dem Anspruch des Dokumentarischen.

Hingegen sind die Gemälde, Zeichnungen und Skulpturen, die derzeit in der Bundeskunsthalle Bonn gezeigt werden, gelebte Erfahrungen der Kriegsjahre und der Jahre davor. Die Kunst war ein Seismograph ihrer Zeit und äußerte sich in großer stilistischer Vielfalt. Zentren waren Paris und Berlin. Aber der rege Austausch unter den Künstlern in Europa brach mit Kriegsbeginn ab. Etliche der berühmtesten Künstler wurden in den Krieg eingezogen, einige von ihnen fielen. Jeder verbildlichte den Krieg auf eigene Weise in seiner Kunst. Teils wurde der Krieg heroisiert, teils wurden die Schrecken dramatisch vor Augen geführt; wieder andere Künstler widmeten sich dem Leid, und das mit den Mitteln der künstlerischen Avantgarde. Aus diesem Themenkomplex hat die Bundeskunsthalle nun eine kunsthistorisch gediegene, ausgesprochen informative Ausstellung geschaffen, die auch das einzelne Werk würdigt. Begleitend werden fotografische und historische Zeugnisse gezeigt, etwa ein Stahlhelm und – bereits im Radius der Kunst – der Kamm von Marcel Duchamp. Zu sehen sind Werke von Max Beckmann, Malewitsch, Picasso, Egon Schiele und etlichen weiteren Protagonisten der avantgardistischen Kunstströmungen zwischen Abstraktion und Realismus. Übrigens ist Wilhelm Lehmbrucks „Gestürzter“ als Bronzeguss derzeit auch im Duisburger LehmbruckMuseum ausgestellt. Dort wird ausgehend von dem expressionistischen Bildhauer die stilistische Verzahnung in diesen Jahren beleuchtet. Und von Mai bis August zeigt dann das Hagener Osthaus Museum die Ausstellung „Weltenbrand“. Der Erste Weltkrieg und die Kunst dieser Jahre werden 2014 jedenfalls noch einige Male Thema einer Ausstellung sein: Auch wenn Etliches verschollen ist, die Zeit existenzieller Bedrohung hat viele Meisterwerke hervorgebracht.

„1914 – Die Avantgarden im Kampf“, bis 23. Februar in der Bundeskunsthalle Bonn, www.bundeskunsthalle.de

„1914 – Welt in Farbe“, bis 23. März im LVR-Landesmuseum Bonn, www.landesmuseum-bonn.lvr.de

THOMAS HIRSCH

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Civil War

Lesen Sie dazu auch:

Gesellschaftlicher Seismograph
8. Internationales Bonner Tanzsolofestival – Tanz in NRW 03/23

Die Mutter aller Musen
Aby Warburg in der Bundeskunsthalle – Kunstwandel 06/21

Die Schönheit bleibt nackt
Max Klinger in der Bundeskunsthalle – Kunstwandel 11/20

„Gerade jetzt sind Kunst und Kultur von hoher Bedeutung“
Patrick Schmeing, Geschäftsführer der Bundeskunsthalle, über digitale Bilderwelten – Interview 05/20

Freude schöner Götterfunken
Beethoven in der Bundeskunsthalle – Kunstwandel 02/20

Fulminanter Start ins Jubiläumsjahr
Bonn feiert Beethoven – Bühne 12/19

Im Schleudersitz auf der Holzeisenbahn
Martin Kippenberger Retro in der Bonner Bundeskunsthalle – Kunstwandel 12/19

Die Leinwandhelden von Weimar
„Kino der Moderne“ in der Bonner Bundeskunsthalle – Kunstwandel 02/19

„Der politische Kampf spiegelt sich auch im Kino“
Kristina Jaspers über „Kino der Moderne“ in der Bundeskunsthalle – Interview 01/19

Flimmernde Bilder, die Menschen veränderten
„Kino der Moderne“ in der Bonner Bundeskunsthalle – Kunstwandel 01/19

Stadtgeschichte als Parcours
Grundsteinlegung für das Jüdische Museum MiQua – Spezial 07/18

Land der Geheimnisse
Die Nasca-Kultur in der Bonner Bundeskunsthalle – Kunst 05/18

Kunst.

Hier erscheint die Aufforderung!