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Ingrid Wiener, Drei Feldgurken, 2006. Gobelin, Wolle, Seide, 59 x 74 cm, Privatsammlung Wien
© Künstlerin, courtesy Marta Herford

Aus der Perspektive

19. Dezember 2025

Ingrid Wiener im Marta Herford – Kunst in NRW 01/26

Das Weben eines Gobelins ist eine zeitaufwändige, handwerklich fundierte Kunst. Im Kunstgeschehen ist es derzeit en vogue – vielleicht auch, weil es ein immenses Spektrum an Motiven und Sujets verhandelt. Zu den wichtigsten Künstlerinnen im deutschsprachigen Raum gehört die Österreicherin Ingrid Wiener (geb. 1942). Sie wurde noch mit Zeichnungen bekannt, in denen sie ihre Träume aufzeichnet, außerdem als Gastronomin und Köchin in mehreren Künstlerlokalen in West-Berlin und als Performancekünstlerin und Sängerin, die zusammen mit Valie Export auftrat. Über all das hinaus war sie Kollaborateurin ihres Mannes, des Wissenschaftlers und Schriftstellers Oswald Wiener (1935-2021), der sich vor allem der Kybernetik gewidmet hat. 

Im Marta Herford ist nun ein Werküberblick zu sehen. Man könnte mehrere Ausstellungen zu Ingrid Wiener entwerfen, ihrer spannenden Biografie nachgehen, die in Wien im Umfeld der dortigen Aktionisten einsetzt, sich ab 1968 in West-Berlin fortsetzt, ehe ab Mitte der 1980er-Jahre Dawson City in Kanada und zeitweilig das Rheinland folgen, wo Oswald Wiener an der Kunstakademie Düsseldorf eine Professur für Ästhetik innehatte. Seit den 2010er-Jahren lebt Ingrid Wiener ganz in der Steiermark. In Herford liegt der Schwerpunkt auf ihren Gobelins. Die Webereien beeindrucken durch ihre malerische Wirkung, durch die Nuancierung der Farben und die Genauigkeit des Realismus.

Spektakulär ist die Perspektive, bei der sich die Gegenstände zusammenschieben, aus der Balance geraten und doch plausibel zueinander verhalten. Zu sehen sind Stillleben oder, zuletzt, Röntgenbilder von Körperorganen. Vor allem aber führt der Blick durch das häusliche Arbeitszimmer auf den Boden, auf dem sich Kabel schlängeln. Mitunter tauchen Computer auf. Etwas Rauschhaftes kennzeichnet die Wahrnehmung – ein Aspekt, der noch in den Traumzeichnungen mit Aquarellfarbe und Kurztexten wiederkehrt. Aber er findet sich auch in den Fotografien aus der Vogelperspektive, die Ingrid Wiener aus dem Flugzeug auf das weite Eis Kanadas aufgenommen hat. So vielfältig und zersplittert das Leben mit seinen Ortswechseln war, so großartig fügt sich alles zu einem Werk zusammen.

Ingrid Wiener | bis 22.2. | Marta Herford | 05221 994 43 00

Thomas Hirsch

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