Wann bekommt man schon mal einen kurdischen Film zu sehen? Der filmische Output des kurdischen Volkes scheint marginal zu sein. Ein großes Filmland wie Dänemark hat nur 1/5 der Einwohnerzahl Kurdistans, ein cinephiles Land wie Frankreich hat dieselbe Größe wie das Gebiet der Kurden. Natürlich liegt der Unterschied auch im technischen Fortschritt und der Infrastruktur. Aber das Problem ist im Fall der Kurden noch ein ganz anderes: Das kurdische Volk ist staatenlos. Das Siedlungsgebiet verteilt sich auf die Türkei, den Iran, Irak und Syrien. Es ist kaum verwunderlich, wenn sich eine Filmkultur - immerhin eine logistisch und technisch komplexe und vor allem teure Kunst - bei einem staatenlosen Volk, das sich unter widrigen Lebensumständen auf vier Länder verteilt und von den jeweiligen Regierungen unterdrückt wird, kaum entwickelt hat. Und doch hat der kurdische Film schon einige Meisterwerke hervorgebracht. 1982 erhielt der Türke Yilmaz Güney für „Yol - Der Weg“ sogar die Goldene Palme in Cannes. Als Güney zwei Jahre später starb, hinterließ er eine große Lücke. Erst in den 90er Jahren gab es wieder einige kurdische Filme, und man konnte erkennen, dass gerade die repressiven Lebensumstände zu einer Filmkultur führen können. Der Film ist ein Sprachrohr für ein kaum wahrgenommenes Volk und seine Probleme und wird sogar als Informationsmedium der Guerilla benutzt, was sich in zahlreichen kurzen und mittellangen Dokumentationen zeigt, von denen einige auf den 2. kurdischen Filmtagen zu sehen sein werden. Im Jahr 2000 dreht auch die erst 20jährige Iranerin Samira Makhmalbaf, sie ist keine Kurdin, ihren meisterlichen Film „Schwarze Tafeln“ über das beschwerliche Leben von Wanderlehrern in Kurdistan und scheint damit einen neuen Impuls für Regisseure wie Hiner Saleem („Kilomètre zéro“, „Dol - Tal der Trommeln“) oder Bahman Ghobadi gegeben zu haben. Einen der Lehrer in „Schwarze Tafeln“ spielt Bahman Ghobadi, der inzwischen einer der bedeutendsten kurdischen Regisseure ist. Der Iraner war Regieassistent bei Abbas Kiarostami und hat mit „Zeit der trunkenen Pferde“ den ersten kurdischen Film Irans gedreht. Sein Film „Verloren im Irak“ von 2002 ist auf dem Festival am 6.3. um 18 Uhr zu sehen. Außerdem wird sein jüngster Spielfilm „Halbmond“ von 2006 am 8.3. um 18 Uhr gezeigt. Der Film begleitet einen alten Musiker und seine zehn Söhne bei einer surrealen Reise zu einem Konzert in Teheran.
Was für den Film gilt, gilt auch für die Musik: Sie ist für die Kurden ein bedeutendes Medium für soziale und politische Belange. Die Dokumentation „Widerstand“ portraitiert die kurdische Band „Koma Berxwedan“, die anschließend ein Konzert geben und sich der Diskussion stellen wird. Am 5.3. wird zur Eröffnung der kurdischen Filmtage um 20.15 Uhr auch eine Deutschlandpremiere gefeiert, die die politische Situation der Kurden in der Türkei thematisiert. „Der Sturm“ von Kazım Öz handelt vom Leben der kurdischen Studierenden in den 90er Jahren, für die die Universität zu einem Kampfplatz für Freiheit wurde. Öz nimmt sich über zweieinhalb Stunden Zeit für die Geschichte von Cemal, der zum Studieren aus der kurdischen Provinz nach Istanbul kommt und dort gezwungen wird, seine Identität als Kurde in der Türkei zu hinterfragen.
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