Zum Selbstverständnis des Kinos zählt, dass der Film die Kultur, der er entwächst, hinaus in die Welt trägt. Dort macht er Fremdes und Fernes nah- und erlebbar, ermuntert zu Reflexion, schafft Begegnung, erweitert Horizonte und feiert die Vielfalt. Dramatisch, dokumentarisch, fantasievoll, komödiantisch, experimentell. Jede Woche neu –oder auf Festivals mit einer besonderen thematischen Ausrichtung. Soauch wieder vom 18. bis zum 28. September auf dem Afrika Film Festival Köln. Zum 22. Mal präsentieren afrikanisch und afro-diasporisch verwurzelte Filmschaffende Lang- und Kurzfilm auf den Leinwänden und ermuntern zum Austausch. Rund 80 Filme aus über 20 Ländern stehen auf dem Programm.
„Das Kino“, sagt Lemohang Jeremiah Mosese, Schirmherr des Festivals, „ist Sprache, Archiv, Provokation. Es ist der einzige Ort, an dem die Grenzen verschwinden und die Geister sprechen.“ Zugleich schwingt auch auf diesem Festival eine Gegenwart mit, in der rigoros Grenzen aufgebaut und Vorurteile geschürt werden. Ganz besonders in Zeiten von scharfem Populismus und vermeintlich einfachen Antworten ist ein Festival wie dieses von besonderem Wert. So reflektieren die Filme im Programm poetisch den Abschied von und das Bewahren von Heimat („Ancestral Visions of the Future“), untersuchen Männlichkeit („The Heart is aMuscle“) und beleuchten nachhaltige Gewalterfahrungen von Frauen durch Boko Haram („Mothers of Chibok“). Andernorts nähert man sich amüsiert verklärten Schönheitsidealen („Timpi Tampa“), blickt satirisch auf Kameruns desillusionierte Hauptstadt („Indomptables“) oder erforscht phantasievoll Realität und Erinnerungen („Hanami“).
Natürlich dürfen auch Klassiker nicht fehlen, die hier frisch restauriert wiederaufgeführt werden („Samba Traoré“, „Baara“), der Regisseurin Sarah Maldoror wird eigens eine kleine Werkschau gewidmet. Und mit den „African Shorts“ stehen Kurzfilmabende auf dem Programm, die sich der queeren Community und der Diaspora widmen und dabei noch einmal gebündelt cineastische Vielfalt spiegeln. Ein besonderes Anliegen des Festivals ist es, Kinder und Jugendliche interkulturell zu sensibilisieren. Über kostenlose Screenings („Supa Modo“) oder Workshops in den Schulen vermittelt man dem Nachwuchs andere Lebenswirklichkeiten. Und auch erwachsene Filmliebhaber werden in Workshops und (Podiums-) Diskussionen aktiv eingebunden. Höhepunkt des Festivals ist die Preisverleihung, darunter der Publikumspreis „Bester Spielfilm“ – gestiftet von choices.
Das Afrika Film Festival Köln, „die größte Bühne für afrikanisches Kino in Deutschland“, wurde im letzten Jahr vom Kölner Kulturamt als „Kulturereignis des Jahres 2024“ ausgezeichnet. Geradezu absurd erscheint es, dass ein Jahr später dramatische Fördermittelkürzungen im Kulturetat eben dieser Veranstaltung kritisch zusetzen. Wenn Mosese an Kino denkt, spricht er von einem „zerbrechlichen Altar“. Zumindest diesen gilt es zu erhalten. Jetzt.
Afrika Film Festival Köln 2025 | 18. - 28. September 2025 | www.afrikafilmfestivalkoeln.de
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