Abendfüllende Kinofilme ohne (sichtbaren) Schnitt können durchaus einen faszinierenden Sog entfalten. Bei dem Kölner Filmfestival Edition indes wird der Schnitt nicht gemieden, sondern gefeiert. In diesem Oktober nähert sich das Festival für Filmschnitt und Montagekunst zum 25. Mal. Und es richtet den Blick erneut auf das, was Stückwerk zur Einheit verbindet und damit strukturiert, abstrahiert, ordnet, verfremdet, ausbremst, beschleunigt, ein-, aus- und überblendet. Versteckt oder offensiv. Fließend oder arrhythmisch. Chronologisch oder anachronisch. Das Festival lenkt unseren Blick auf die Spielarten der Montagekunst. Des filmischen Erzählens.
Vier Tage lang zeigt Edimotion jeweils fünf Spiel- und Dokumentar- und Kurzfilme aus Deutschland, der Schweiz und Österreich, die im Wettbewerb zueinander stehen. So ist Andrew Bird, langjähriger Begleiter von Fatih Akin, nominiert für seinen Schnitt zum deutschen Oscar-Kandidaten „Die Saat des heiligen Feigenbaums“. Hansjörg Weißbrich verantwortet die Montage bei „September 5“. Roland Stöttinger montiert „Mond“, Kurdwin Ayubs Drama über eine Kampfkunst-Ausbilderin in Amman. Weitere Wettbewerber folgen einer Jugendlichen zu einem Sekten-Event („Jupiter“) und der jungen Elena durch die Wirren Perus 1992 („Reinas“). Die Festivalbeiträge aus der Sparte Dokumentarfilm behandeln den Krieg in der Ukraine („Dear Beautiful Beloved“) und die Iranische Revolution 1979 („My Stolen Planet“), beleuchten eine deutsche Biografie („Nonkonform“), besuchen die bosnisch-kroatische Grenzregion („The Landscape And The Fury“) oder verweben die medialen Eindrücke dreier Reisender durch das Afghanistan nach dem 11. September („Riverboom“). Und der Kurzfilmabend befasst sich damit, wie der Schnitt auch der Kürze Würze verleiht. Ob kurz oder lang, ob Parabel, brisantes Drama oder historischer Terrorthriller, ob politischer Diskurs oder geschichtsträchtige Zeitreise: Im Anschluss an manche Screenings und Wettbewerbsfilme laden Editor:innen zum Austausch darüber ein, wer wann warum welchen Schnitt setzt, was Schnitt ausmacht und ob man ihn bemerken soll – oder gerade nicht.
Diesjährige Ehrenpreisträgerin des Festivals ist die in Deutschland lebende Französin Patricia Rommel, Chef-Cutterin von Caroline Link („Jenseits der Stille“). Letztere hält die Laudatio, Patricia Rommel („Kammerflimmern“) beantwortet Fragen aus dem Publikum. So wirft Edimotion bewährt einen bunten, erkenntnisreichen Blick auf die Postproduktion vielfältiger Filmformate. Dazu passt auch der Themenschwerpunkt „Montage hybrider Filme“, der sich dem Schnitt genresprengender Formate auseinandersetzt Und wie in jedem Jahr widmet man sich einem Gastland: Japan steht diesmal im Fokus, Filme und Diskurse veranschaulichen Montage-Traditionen aus dem Fernen Osten. Praxisnah geht es darüber hinaus in den Workshops der „Edimotion Akademie“ im Filmhaus Köln zu, wo – auch KI-gestützt – munter montiert wird. Ein anregendes Angebot, Schritt für Schritt zum Schnitt.
Edimotion – 25. Festival für Filmschnitt und Montagekunst | 24. - 27.10. | Filmhaus Köln, Filmforum NRW | www.edimotion.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Schnitte in Raum und Zeit
Die 24. Ausgabe des Festivals Edimotion in Köln ehrt Gabriele Voss – Festival 10/24
„Dialog ist der Schlüssel zur Veränderung“
3 Fragen an Kyra Scheurer vom Festival Edimotion – Festival 10/23
Der Atem des Films
Das Festival „Edimotion“ holt die Monteure des Films ins Rampenlicht – Festival 10/23
Sichtbarmachung
Edimotion rückt Editor:innen in den Fokus – Festival 10/22
Grünschnitt
Edimotion-Festival widmet sich klimaneutral der Montagekunst – Festival 10/21
Wo Grenzen verschwinden und Geister sprechen
Das Afrika Film Festival Köln 2025 – Festival 09/25
Gar nicht mal so stumm
Die Internationalen Stummfilmtage in Bonn 2025 – Festival 08/25
Filmischer Feminismus
Das IFFF 2025 in Köln – Festival 04/25
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
„Zuhause sehnen wir uns nach der Ferne...“
Kuratorin Joanna Peprah übers Afrika Film Fest Köln – Festival 09/24
Afrikanisches Vermächtnis
Das 21. Afrika Film Festival widmet sich dem Filmschaffen des Kontinents – Festival 09/24
Kurzfilmprogramm in der Nachbarschaft
„Kurzfilm im Veedel“ zeigt Filme zu aktuellen Themen in Köln – Festival 09/24
Volles Programm(heft)
40-jähriges Jubiläum der Internationalen Stummfilmtage Bonn – Festival 08/24
Ein Fest des Kinos
Die Kölner Kino Nächte präsentieren an 4 Tagen knapp 50 Filme – Festival 07/24
Doppelter Einsatz für „Afrika“
Spendenaufruf des Afrika Film Festivals – Festival 05/24
Wenn Kino Schule macht
Die Reihe Filmgeschichte(n) spürt Schulgeschichten auf – Festival 05/24
Prominente Drehorte
Der Verein Köln im Film zeigt in Köln gedrehte Spielfilme – Festival 05/24
Sichtbarkeit vor und hinter der Leinwand
Das IFFF fordert Gleichberechtigung in der Filmbranche – Festival 04/24
Filmgeschichten, die das Leben schreibt
Neue Dokumentarfilme aus einer verrückten Welt – Festival 01/24
Kino galore
European Arthouse Cinema Day 2023 – Festival 11/23
Film- und Troublemaking
„Clashing Differences“ gewinnt choices-Publikumspreis des 20. Afrika Film Festivals – Festival 10/23
„Festivals sind extrem wichtig, um Vorurteile abzubauen“
4 Fragen an Sebastian Fischer, Leiter des Afrika Film Festivals Köln – Festival 09/23