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Foto: Christopher Tech

Virtuell verwirrt

15. Februar 2019

„Die mit den Augen atmen“ in der Tanzfaktur – Bühne 02/19

Ihre Bewegungen sind roboterhaft, wirken fremdbestimmt. Sie rennt gegen die Wand, immer wieder. Eine schrille Videoinstallation mit visuellen Effekten und elektronische Klänge unterstützen – oder steuern? – die ausdrucksstarke Performance von Sophie Killer. In der scheinbaren Unkontrolliertheit ihrer Darstellung demonstriert sie in minimalistischer, durch metallische, geometrische Gebilde geprägter Bühnenkulisse beeindruckende Körperbeherrschung.

Die Schwestern Sophie und Thalia Killer sind das Künstlerinnenduo Killer&Killer, die Premiere ihres neuesten Bühnenstückes „Die mit den Augen atmen“ zeigen sie in der Tanzfaktur. Das Werk der Künstlerinnen, die mit ihrer für September 2019 wieder eingeplanten Kafka-Adaption von „Der Prozess“ den KunstSalon Theaterpreis gewannen, lässt sich schwer einem Genre unterordnen. Wieder einmal verbinden sie in ihrer ganz eigenen Art Schauspiel, Tanz, Performance, Clownerie und Design und setzen sich so mit einem gesellschaftlich relevanten Thema auseinander: Es geht um das Spannungsverhältnis zwischen virtuellen Welten und physischer Realität. Heute können wir in der virtuellen Realität alles sein und alles erleben – was genau ist dann eigentlich Wirklichkeit? Kann man der Realität entfliehen, und was macht das mit uns? Und wer ist der Schöpfer der Bilder?


Foto: Christopher Tech

Eine Stunde steht Schauspielerin und Tänzerin Sophie Killer, die Choreografie und Text entwickelt hat, allein auf der Bühne. Anfangs gefangen in fiktiven Welten, stellt sie Fragen und sucht Antworten. Die Performance fängt still und rein körperlich an, wird zunehmend eindringlich und intensiv. Die Gedanken springen genauso wie die Emotionen, Lachen und Weinen wechseln sich ab, ebenso die Monologe mit nachdenklichen, zweifelnden, verwirrten, dann wieder klaren oder auch wütenden Passagen. Es geht darum, das Dasein zu konsumieren, dass alles, was möglich ist, möglich wird; um die Welt der virtuellen Grenzenlosigkeit, um Ablenkung von den eigenen Gedanken und um den Geschmack von heißen Waffeln. Es ist nicht immer leicht zu folgen. Dann wieder nimmt sie Kontakt zum Publikum auf, sucht das Menschliche und Wirkliche. Dabei wirkt sie zunehmend orientierungslos. Ist es das, was die vielen Optionen, Optimierungen und damit einhergehenden Reizüberflutungen der digitalen Welt mit uns machen? Schaffen sie statt Orientierung vor allem Orientierungslosigkeit?

Seit 2015 entwickeln Killer&Killer gemeinsam Bühnenstücke zu zwischenmenschlichen und gesellschaftspolitischen Themen. Ihre Projekte entwickeln sie gemeinsam im Dialog. Erstmals hat Designerin Thalia Killer, verantwortlich für die Visuals, die Bühne und Kostüm, eigens für das Stück eine Videoinstillation geschaffen. Sophie Killer zeigt auf der Bühne ihr beeindruckendes Talent in der körperlichen und sprachlichen Darstellung. Zurück bleibt der Zuschauer mit der Erkenntnis, dass wir uns vielleicht alle in diesem Spannungsverhältnis befinden – zwischen den grenzenlosen Möglichkeiten der digitalen Welt und der zunehmenden Sehnsucht nach Menschlichkeit und direkt erlebbarer, sinnlicher Realität.

„Die mit den Augen atmen“ | Leitung: Sophie Killer, Thalia Killer | 22., 23.2. 20 Uhr | Tanzfaktur | 0221 222 00 583

Mareike Thuilot

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