Die Tanzszene in Nordrhein-Westfalen ist breitgefächert, vielschichtig und enorm groß für ein Bundesland. Tanz erzeugt zeitpolitische und ästhetische Produkte und diskutiert im BodyTalk sozialpolitische Fragen. Wer einen Eindruck von der faszinierenden Kunstform bekommen mag, der kann vom 8. bis zum 19. Mai 2019 in neun Städten Nordrhein-Westfalens zeitgenössische Tanzproduktionen mit Augen und Ohren aufsaugen – oder auch selbst aktiv werden.
„Das Tanzland NRW steht für bundesweite und weltweite Experimente“, eröffnet Projektleitung Heike Lehmke die Pressekundgebung im Tanzhaus NRW am 2. April bei der viele der Produzenten und Choreografen anwesend sind. Auf die Frage hin wie alles entsteht, gibt Frau Lehmke zur Antwort: „Leidenschaftlich.“
Aus 130 Bewerbungen wählten Veranstalter aus neun Theaterhäusern gemeinsam mit den Städtepartnern die stärksten Produktionen aus. Insgesamt wurden 24 Stücke ausgewählt, die nun in Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln, Krefeld, Mülheim an der Ruhr, Münster, Viersen und Wuppertal gezeigt werden. Mit dem „Soloabend“ des HARTMANNMUELLER Duos, „The Polarity Party“ vom MichaelDouglas Kollektiv mit Dana Caspersen, „Neuer Neuer Neuer Tanz“ der Folkwang Tanzstudios unter Michiel Vandevelde und „Bodies and Structure ‚Arena‘/ Rita McBride“ der Choreografin Alexandra Waierstall gibt es insgesamt vier Uraufführungen.
Premieren bergen immer auch das Risiko Aufreger zu sein. „Ganze vier Premieren zeugen von Vertrauen und spiegeln die Heterogenität der Szene wieder“, sagt Bettina Milz vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW.
Die Festivaleröffnung findet am 8. Mai im Depot des Schauspiels Köln statt. Gezeigt wird „GEISTER – Fragment XL“ von Ben J. Riepe aus Düsseldorf. Das Tanzland NRW ist seit vielen Jahren experimentierfreudig und so zeigt das Festival, das im biennalen Turnus stattfindet, auch dieses Jahr wieder Produktionen aus verschiedenen Generationen, mit unterschiedlichen choreografischen Praktiken, verschiedenen Themenschwerpunkten und heterogenen Ästhetiken. An allen Orten wird es die Installation „AUTHORISED“ von Lili M. Rampre geben.
Neu sind die kostenfreien Publikumsformate der Tanzvermittlung. Hier gibt es die „Physical Introduction“ zur Einstimmung mit bestimmten physischen Prinzipien. Und danach gibt es „Physical Traces“ zur Nachbearbeitung und zum Nachspüren. „Tanz.backstage“ gewährt Einblicke hinter die Kulissen und gibt Gelegenheit mit den Künstlern zu sprechen. Außerdem gibt es einen Workshop und ein Open Studio. Das Kooperationsprojekt „Sprungbrett <>Tanzrecherche NRW“ präsentiert zum dritten Mal sechs junge, aufstrebende Künstler, welche zuvor die Gelegenheit hatten in den Produktionszentren vom Tanz PACT Zollverein und tanzhaus nrw intensive Recherche und Forschung zur Entwicklung neuer Ideen zu betreiben. In einem Studio Showing kann man ihre Ergebnisse betrachten und diskutieren.
Welche Wünsche hat man an oder für das Publikum, Frau Lehmke? „Ich verstehe kein Publikum das nur kognitiv ‚findet‘. Man darf sich freuen, etwas empfinden, aber sich auch langweilen. Hauptsache man ist offen für eine aktive Tätigkeit. Ich wünsche mir ein offenes Publikum.“
Der Abschlusstag des Festivals gestaltet sich als Einladung zur Großdemo gegen Nationalsozialismus. Lehmke unterstreicht die Einladung: „Wir möchten euch dazu einladen uns um 11 Uhr zu treffen, uns gemeinsam einzustimmen, Plakate zu malen und Chorgesänge zu üben. Dies ist ein leidenschaftlicher Aufruf, für die Freiheit und Vielfalt Europas einzustehen.“
tanz nrw | 8. - 19.5. | div. Orte | tanz-nrw-aktuell.de
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