Filme, bei denen Frauen Regie führen, stellen in der Kinoauswertung wie auch in den Wettbewerbssektionen der großen Filmfestivals weltweit eine Minderheit dar. Sie brauchen lediglich einen Blick auf die allgemeine Kinostartliste jedes Monats zu werfen oder die Beiträge von männlichen und weiblichen RegisseurInnen etwa bei der Berlinale durchzuzählen, um sich das Ungleichgewicht zu vergegenwärtigen. Dabei stellen Frauen ja bekanntlich etwa die Hälfte der Weltbevölkerung, auch die Mehrheit des Kinopublikums ist weiblich. Zeigt sich die Situation an den Filmhochschulen bezüglich der Studierenden noch sehr gleichberechtigt und finden sich unter den Abschlussfilmen und Debüts noch zahlreiche Regisseurinnen, so gestaltet sich das Bestehen und Vorankommen auf dem Internationalen Markt ab dem zweiten Langfilm für Filmemacherinnen zunehmend schwieriger als für ihre männlichen Kollegen. Hierfür lassen sich zahlreiche Gründe ausmachen, wie etwa die Tatsache, dass in den Führungspositionen der Filmbranche, in Produktions-, Förderungs- oder Festivalleitungsbüros die männlichen Chefs überwiegen. Dies sieht auch die amerikanische Filmemacherin Nina Menkes ähnlich, die im Interview für den FestivalBlog des Internationalen Frauenfilmfestivals Dortmund I Köln, als Grund für die Benachteiligung von Frauen anführte, dass Filmeinkäufer und Kuratoren überwiegend Männer seien:
„Generally all the curators and all the juries and all the buyers of films are men. And they like what they can understand, what they can relate to. It takes a very advanced man to enter a feminine space and be really open to it and to want, and feel something a little different from his own experience.“
Dabei sind die Zeiten, in denen der „Frauenfilm“ mit „nur für“ oder „nur über“ Frauen gleichgesetzt wurde, längst vorbei. An Identifikationsfiguren mangelt es nicht, denn in vielen aktuellen Produktionen sind die ProtagonistInnen männlicher Regisseure weiblich (z.B. JUNO von Jason Reitman, YELLA von Christian Petzold, DIE SCHWESTER DER KÖNIGIN von Justin Chadwick im Spielfilm, DRAUSSEN BLEIBEN von Alexander Riedel im Dokumentarfilm), und umgekehrt die Protagonisten von Regisseurinnen oft männlich, wie etwa in KIRSCHBLÜTEN von Doris Dörrie, den Preisträgerfilmen des Frauenfilmfestivals L’HOMME QUI MARCHE und COBWOY ANGELS oder im Dokumentarfilm BIERBICHLER von Regina Schilling.
Dass es an Filmen von Regisseurinnen nicht mangelt, beweisen Filmfestivals und –reihen wie das IFFF, die Dokumentarfilminitiative LaDoc oder etwa die Ende Mai stattgefundene Kino Latino-Filmreihe, bei der die Hälfte der gezeigten Filme von Frauen realisiert war. Zwei dieser Produktionen, der venezolanische Film MAROA von Solveig Hoogesteijn und der argentinische Debütfilm XXY von Lucía Puenzo werden am 26. Juni bundesweit im Kino gestartet. Vielleicht ja auch in Ihrem Lieblings- Lichtspielhaus.
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