Juliette im Frühling
Frankreich 2024, Laufzeit: 96 Min., FSK 12
Regie: Blandine Lenoir
Darsteller: Izïa Higelin, Sophie Guillemin, Jean-Pierre Darroussin
>> juliette-im-fruehling.pandora.film/
Liebevoll inszenierte Familiengeschichte
Kleine Schatten in den Facetten
„Juliette im Frühling“ von Blandine Lenoir
Hierzulande denkt man bei dem Stichwort Comicverfilmung in der Regel an Superheld:innen oder Asterix. In diesem Jahr kürten wir hier als Film des Monats aber bereits einen Film, der nicht unbedingt als klassische Comicverfilmung zu erkennen war: „Robot Dreams“, der auf dem gleichnamigen wortlosen Comic von Sara Varon basiert, setzt sich auch noch zwischen die Stühle, indem er aussieht wie ein Kinderfilm, aber mit den vielen popkulturellen Anspielungen, die in der filmischen Adaption der gezeichneten Vorlage stecken, eher oder zumindest auch für Erwachsene ist. „Juliette im Frühling“ wiederum erscheint wie eine der vielen leicht-luftigen französischen Komödien, die von unseren cinephilen Nachbarn herüberschwappen, in Deutschland gerne mit einem Monsieur oder einer Madame im Verleihtitel, die man im Original vergeblich sucht. Wie zum Beispiel „Madame Aurora und der Duft von Frühling“ (2018) von Blandine Lenoir, der im Original schlicht „Aurora“ heißt, hier aber mit der Madame und auch wie ihr neuer Film „Juliette im Frühling“ mit dem Frühling gewürzt wird. Zugegeben, nicht nur die deutsche Übersetzung der gerade erschienenen Comicvorlage von Camille Jourdy aus dem Jahr 2016 hat mit „Juliette – Gespenster kehren im Frühling zurück“ den Frühling im Titel, sondern auch das Original.
Es ist also Frühling, als die Kinderbuch- und Comicautorin Juliette (die Schauspielerin und Sängerin Izïa Higelin), unschwer als Alter Ego der Autorin und Zeichnerin Camille Jourdy zu erkennen, in ihre provinzielle Heimat reist, um sich von den Strapazen ihres Pariser Lebens zu erholen. Mit im Gepäck: Ein paar Klamotten zum Wechseln, kleine Depressionen und Angstattacken. Sie kommt bei ihrem alleinlebenden Vater unter, der kein Mensch der vielen Worte ist und nicht ganz zu Unrecht befürchtet, dement zu werden. Unweit wohnt Juliettes Schwester, die mit zwei kleinen Kindern voll ausgelastet erscheint, immer leicht gereizt oder nah am Nervenzusammenbruch. Das liegt aber auch an ihrem kleinen Geheimnis, der Liaison mit einem anderen Mann. Außerdem wäre da noch die überdrehte Mutter, die ihr Glück ebenfalls in Liebschaften sucht und neuerdings ihre Weiblichkeit in großen, expliziten Ölgemälden auslebt. Die Ruhe, die Juliette hoffte, hier zu finden, findet sie nur in einer neuen Bekanntschaft: dem Untermieter im Haus ihrer Großmutter, die kürzlich ins Heim gezogen ist.
So wie die farbenfrohe, zunächst etwas naiv wirkende Comicvorlage erscheint auch „Juliette im Frühling“ wie eine dieser leichten französischen Komödien. Doch wie bereits Camille Jourdys großartige erste Graphic Novel „Rosalie Blum“ steckt unter dem leichten Tonfall viel Tiefe. Zum einen werden die Figuren mit viel Zuneigung facettenreich mit hellen und dunklen Seiten gezeichnet. Zum anderen nimmt sich die Geschichte auch Zeit, die Kleinstadt mit ihrem Alltag, ihren wiederkehrenden Routinen, ihrem Tratsch, aber auch der Hilfsbereitschaft – zu zeigen. So gibt es in dieser leisen Geschichte zischen all den Konflikten zwar auch den ein oder anderen Lacher, aber sicher keine Schenkelklopfer.
(Christian Meyer-Pröpstl)
Eine sympathische Bruderkomödie
„Ganzer halber Bruder“ im Cinedom – Foyer 09/25
Wo Grenzen verschwinden und Geister sprechen
Das Afrika Film Festival Köln 2025 – Festival 09/25
„Es ist vertraut, aber dennoch spannend“
Schauspielerin Barbara Auer über „Miroirs No. 3“ – Roter Teppich 09/25
Weinende Wände
Das Filmtheater als Begegnungs- und Spielstätte – Vorspann 09/25
„Das Leben ist absurd, nicht der Film“
Regisseur Elmar Imanov über „Der Kuss des Grashüpfers“ – Gespräch zum Film 08/25
Jung-Bäuerinnen bei der Arbeit
„Milch ins Feuer“ im Odeon – Foyer 08/25
Drama, Baby?
Das Arthouse und der Schenkelklopfer – Vorspann 08/25
Gar nicht mal so stumm
Die Internationalen Stummfilmtage in Bonn 2025 – Festival 08/25
Sommergefühle
Leichte Kino-Kost im Juli – Vorspann 07/25
Im Abschiebegefängnis
„An Hour From the Middle of Nowhere“ im Filmhaus – Foyer 06/25
Fortsetzung folgt nicht
Serielles Erzählen in Arthouse und Mainstream – Vorspann 06/25
Wohnen im Film
Die Reihe Filmgeschichten mit „Träumen von Räumen“ im Filmforum NRW – Filmreihe 05/25
Der Filmfrühling ist angebrochen
Die erste Jahreshälfte startet mit bedeutenden Filmfestivals – Vorspann 04/25
Filmischer Feminismus
Das IFFF 2025 in Köln – Festival 04/25
Über die Todesangst
„Sterben ohne Gott“ im Filmhaus – Foyer 03/25
Alles für die Musik
Publikumspremiere von „Köln 75“ im Cinenova – Foyer 03/25
Schlechte Zeiten?
Merz im März und ernste Kost im Kino – Vorspann 03/25
Mit Trauer umgehen
„Poison – Eine Liebesgeschichte“ im Odeon – Foyer 02/25
Gute Zeiten
Wie lang darf ein Film sein? – Vorspann 02/25
Bittersüße Dystopie
„Ein schöner Ort“ in der Aula der KHM – Foyer 01/25
Zeit-Fragen
Symposium der dokumentarfilminitiative im Filmhaus – Foyer 01/25
Kino als Empathie-Maschine
Warum wir Kino in Zukunft mehr brauchen denn je – Vorspann 01/25
Stark durch Solidarität
„Billige Hände“ im Filmhaus – Foyer 12/24
Übers Ankommen in Deutschland
„Zwischen Sein und Nichtsein“ von Leocadie Uyisenga – Film 12/24
One Battle After Another
Start: 25.9.2025