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Gangs of New York
USA, Großbritannien, Italien, Deutschland, Niederlande Zum Trailer 2001, Laufzeit: 168 Min., FSK 16
Regie: Martin Scorsese
Darsteller: Leonardo DiCaprio, Daniel Day-Lewis, Cameron Diaz, Liam Neeson, Jim Broadbent, John C. Reilly, Henry Thomas, Brendan Gleeson, Gary Lewis, Stephen Graham, Eddie Marsan,

Zunächst einmal erschlägt diese Ballung brutaler Massenkeilereien, Tierkampfspiele, Schenkenderbheiten und perfiden Grausamkeiten, untermalt zuweilen von elektronischen Klängen Howard Shores. In Scorseses schlachtlärmdurchtränkter Rekonstruktion New Yorker Lebensgewohnheiten zur Zeit der Sezessionskriege, wie sie etwa auch Charles Dickens verbürgt, schälen sich erst allmählich Einzelfiguren und bekannte Handlungsmuster heraus: der Einzelkampf der Führer, die sich "schätzen“ und niedermetzeln, die Delegation der Rache vom Vater an den Sohn, der Zweikampf um eine begehrte Frau, der Konflikt zwischen Racheauftrag und Faszination, Hassliebe und Selbstzerstörung. Scorseses schafft hypnotisch wirkende Unterwelts- und Höllenfahrtsvisionen zu einer Choreographie der Gewalt. Im zweiten Teil nuancieren sich die Töne. Rassistische Aggression, soziale Ungerechtigkeit, politisches Kalkül, Korruption und Menschenverachtung bis hin zu Schauhinrichtungen werden zu einem stets präsenten Nebenschauplatz. Eine Gestalt vor allem tritt im schlagenden Treiben scharf hervor und lässt seine Umgebung fast zur Staffage verblassen. In „Bill der Metzger“ (Daniel Day-Lewis, der hier nach 5 Jahren wieder vor die Kamera tritt) Glasauge brechen sich die rüden Szenarien abgehackter Gliedmassen wie – ein Effekt, den sich die Kamera nicht entgehen lässt - von Wahnsinn verzerrt. Das weite Panorama ungehemmten, intelligent kalkulierten und in jeder Geste beherrschten Machtwillens wird hier brillant ausgespielt. Selbst eruptive Gewaltausbrüche transformiert der Metzger durch rhetorische Finessen zu Stilübungen des Zynismus. Lange bereits plante Scorsese diese Auseinandersetzung mit den verdrängten Momenten der New Yorker Gründungsgeschichte. Bereits in „Casino“ war organisiertes Verbrechen und Korruption sein Thema, in „Mean Streets“ das unbändige New Yorker Chaos, in „Taxi Driver“ die eruptive Gewalt unter der Oberfläche der Zivilisiertheit. Kaum wird es Zufall sein, wenn Scorsese gerade jetzt friedfertige Demokratie und Chancengleichheit schon in den Ursprüngen als Ursprungsmythos blossgestellt. Im Jahr 1800 belief sich die New Yorker Einwohnerzahl auf 66 000, 1900 sind es bereits 3,5 Millionen. Den veramten und ausgehungerten Neuankömmlingen schlägt eine Hasswelle entgegen. Umgehend werden sie zu Schlachtvieh degradiert und in die Armee gedrängt, während Wohlhabende sich mit 300 Dollar von der Militärpflicht freikaufen können. Das Bandenwesen erscheint angesichts der allgemeinen Ungleichheit als unschwer zu begreifende Notgemeinschaft, mit der auch direkt zu kollaborieren das sich formierende amerikanische Parteisystem nicht zurück schreckt. In einer Schlüsselszene Scorseses wirken die kampflüsternen, an ein noch so abgedrehtes Ideal glaubenden Bandenmitglieder noch menschlicher als die sie schliesslich niedermetzelnde anonyme Armee. Mit dem 30 000 Opfer kostenden Militäreinsatz beginnt eine neue Epoche.

(Dieter Wieczorek)

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