
Die progressiven Nostalgiker
Frankreich, Belgien 2025, Laufzeit: 103 Min.
Regie: Vinciane Millereau
Darsteller: Elsa Zylberstein, Didier Bourdon, Mathilde Le Borgne
Gewitzte Sozialkomödie
Aus der Zeit gefallen
„Die progressiven Nostalgiker“ von Vinciane Millereau
Wir schreiben das Jahr 1958: Die ältere Generation sieht bereits im Aufkommen des Hula-Hoop-Reifens einen Vorboten für die Jugendrevolution, Fernseher und Waschmaschine nehmen erst nach und nach Einzug in den Alltag der Durchschnittsbevölkerung. Erste Supermarktketten sagen den Tante-Emma-Läden den Kampf an, und eine Schwangerschaft vor der Ehe ist ein moralisches No-Go. Bei Michel (Didier Bourdon) und Hélène Dupuis (Elsa Zylberstein) sind die Geschlechterrollen klar definiert. Der Vater sorgt mit seiner Arbeit in der Bank für den Lebensunterhalt der Familie, seine Gattin ist zu Hause für sein Wohlbefinden zuständig und umsorgt ihn wie ein Dienstmädchen. Als das Ehepaar bei einem Disput um eine neue Waschmaschine einen elektrischen Schlag versetzt bekommt, findet es sich unversehens im Jahr 2025 wieder. Ihre beiden Teenager-Kinder sind noch genauso alt wie im Jahr 1958, und auch das Aussehen von Michel und Hélène überrascht niemanden. Dafür umso mehr deren Verhalten. Denn in einer Zeit, in der Alexa, Saugroboter und Smartphones den Alltag der Menschen bestimmen, finden sie sich absolut nicht mehr zurecht. Zudem müssen die beiden erfahren, dass in der Parallelwelt, in die sie hier geraten sind, Hélène eine Spitzenposition in der Bank bekleidet und sich Michel dem Haushalt und der Kindererziehung verschrieben hat. Überfordert von den zahlreichen Veränderungen, versuchen die beiden, wieder einen Weg zurück in die gute alte Zeit zu finden.
In ihrem Langfilmdebüt als Regisseurin hat sich die Schauspielerin Vinciane Millereau („Benedetta“) bei einem gut etablierten Komödienszenario bedient. In erster Linie geht es in „Die progressiven Nostalgiker“ natürlich um die Unterschiede im Aufwachsen und der Sozialisation zwischen damals und heute. Bereits Starkomiker Louis de Funès hatte sich 1969 einer ganz ähnlichen Geschichte angenommen. In „Louis taut auf“ wurde er als cholerischer Familienvater mit dem wieder erwachten Großvater seiner Ehefrau konfrontiert, der im Tiefschlaf etliche Jahrzehnte übersprungen hatte. Andererseits geht es in Millereaus Film aber auch um das Vertauschen der üblichen Rollen, um mehr Verständnis für die Lebenssituation des Anderen zu entwickeln. Disney hat das Thema beispielsweise seit 1976 in „Ein ganz verrückter Freitag“ mit schöner Regelmäßigkeit am Rollentausch von Mutter und Tochter durchexerziert, zuletzt erst wieder 2025 in „Freakier Friday“. Vinciane Millereau gelingt es, daraus ganz eigene, zeitgemäße Gags zu schlagen: etwa wenn Michel Sushi auf den Grill legt oder das Ehepaar mit dem Begriff „Ehe für alle“ nichts anzufangen weiß – bis es feststellen muss, dass ihre Tochter in dieser Zeitschiene eine andere Frau heiraten will. Humor und Nachdenkliches halten sich hier die Waage, wenn Hélène mit Freude erkennt, dass ihr Vater in der Alternativwelt noch nicht gestorben ist, nur um kurze Zeit später von seiner progressiven Lebenseinstellung überfordert zu werden. Eine charmante Komödie über den Lauf der Zeit.

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