
Das erste Omen
USA 2024, Laufzeit: 120 Min., FSK 16
Regie: Arkasha Stevenson
Darsteller: Bill Nighy, Ralph Ineson, Charles Dance
>> www.dasersteomen.de/
Die Angst kehrt zurück in den Kinosaal
Satani!
„Das erste Omen“ von Arkasha Stevenson
William Friedkins „Der Exorzist“ und Richard Donners „Das Omen“ waren zwei der herausragenden Horrorfilme, die dem Kinopublikum in den 1970er Jahren elementar das Fürchten beibrachten. Zu beiden Vertretern folgten Fortsetzungen – jeweils zwei unmittelbar, andere Jahrzehnte später, darunter auch Remakes und Serien. Die Originale indes bleiben unerreicht. Der jüngste „Exorzisten“-Wurf von „Halloween“-Remaker David Gordon Green („Der Exorzist: Bekenntnis“) stellt einen Tiefpunkt darin dar, den brillanten Spuk von einst neu beschwören zu suchen: Green gelingen zwar anfänglich durchaus noch Gänsehautmomente, insgesamt aber fehlt es seinem Versuch an Ambition und Anmut. Stattdessen ist seine Fortsetzung am Ende bloß eine faule Predigt für einflussreiche christliche Kreise in den USA. Und ein Film, der daran scheitert, dass er sich bei der finalen Teufelsaustreibung an einem Zuviel an Personal verliert – ein Drehbuchfiasko, mit dem zeitgleich schon die Ghostbusters verunglücken. Da nützt es auch nichts, wenn Green noch einmal Ellen Burnstyn aus Friedkins Original vor die Kamera holt. Vor allem wenn sie, so wie der Filmtitel, selbstzweckhafte Referenz bleibt – Zitat ohne Futter. Es ist erschütternd, wenn sich Filmemacher:innen offensichtlich an großen Werken heranwagen, ohne die Vorbilder anmutig gelesen, studiert und erfasst zu haben. Wenn man sich eines namenhaften Genrestreifens bedient, um von vorneherein bloß auf eine durchschnittliche Erst- und Zweitauswertung abzuzielen. Ohne Vision. Ohne Demut.
Ganz anders, mit Demut und Vision nämlich, nähert sich nun die US-amerikanische Langfilmdebütantin (!) Arkasha Stevenson dem Teufelskind Damien. Die Regisseurin und Co-Autorin erzählt in ihrem Prequel die Vorgeschichte des Originals. Wir erinnern uns: Dem italienischen US-Botschafter Robert Thorn (Gregory Peck) wird der Sohn Satans als Pflegekind untergejubelt. Hier nun erfahren wir von der Herkunft des diabolischen Säuglings.
Rom im Jahr 1971. Junge Menschen gehen auf die Straßen, demonstrieren und, noch schlimmer: verlieren den Glauben. Die Kirche also – und damit sind wir ganz im jetzt und heute – steckt in einer Krise: Glaube ist Macht, doch viele verlassen die Kirche, mahnt der exkommunizierte Glaubensbruder Brennan (markant: Ralph Ineson). Also greift ein Seitenarm der Kirche zu radikalen Mitteln, um verlorene Gläubige zurückzugewinnen: Der Antichrist muss her. Der Teufel soll ein Kind zeugen, und der Satansbraten soll sich die Welt Untertan machen! Von derlei Plänen unbeleckt, zieht die junge Novizin Margaret (Nell Tiger Free) in ein Kloster am Rande der Ewigen Stadt ein, um keusch und fromm ihren Weg in den lebenslangen Gottesdienst zu festigen. Das alte Kloster beherbergt verlorene Mädchen unter der Leitung der ehrwürdigen Äbtissin Silva (Sônia Braga, "Der Kuss der Spinnenfrau") und des sanftmütigen Kardinals (Bill Nighy). Schon bald aber gestaltet sich Margarets Aufenthalt als Prüfung: Die Oberschwester raucht, Margarets Mitbewohnerin Luz (Maria Caballero) gibt sich ungehörig freizügig, eine Jugendliche wirkt seltsam verloren im alten Gemäuer, das noch manches Geheimnis und jede Menge Schrecken verbirgt. Und überhaupt: Jede Menge Sünde!
Anmutig, mit Filmkorn, Unschärfe und blassen Farben (Bildgestaltung: Aaron Morton, „Evil Dead“) geleitet uns Arkasha Stevenson in die 70er Jahre. Der Score (Mark Korven, „Der Leuchtturm“) gibt sich mal saftig im Zeitkolorit, mal schmiegt er sich an die unvergessenen Choräle („Satani!“) von Jerry Goldsmith, der „Das Omen“ 1976 musikalisch veredelte. Bis in die Montage (Amy E. Duddleston) wird das Original gehuldigt. Meisterlich schleichend spinnt Stevenson die Fäden des Übels, die Leinwand erwächst zum Bann. Zeitgemäß werden auch mal Jump Scares eingebaut, doch die sind bloß ein Element von vielen, die den Grusel ausmachen und nicht das dominierende Mittel, wie bei so vielen zeitgenössischen Genrevertretern. Stevenson spart auch nicht an anschaulichen Splatter-Elementen, unverzichtbare Reminiszenz an das große Vorbild – und am Ende doch bloß schmuckes Beiwerk, denn der eigentliche Schrecken wirkt subtil. Inszenatorisch. Atmosphärisch.
Dieses meisterliche Debüt ist ein Ausreißer, eine Wohltat! Und er lässt hoffen, dass wir auch künftig wieder subtil gegruselt werden. Jenseits von Jump Scares in ambitionsloser Stangenware. „Das erste Omen“ ist brillant. Die Angst kehrt zurück in den Saal.

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