Bob Marley: One Love
USA 2024, Laufzeit: 107 Min., FSK 12
Regie: Reinaldo Marcus Green
Darsteller: Kingsley Ben-Adir, Lashana Lynch, Michael Gandolfini
>> paramount.de/bobmarley-onelove
Biopic über die letzten Lebensjahre der Reggae-Ikone
His guitar is his machine gun
„Bob Marley: One Love“ von Reinaldo Marcus Green
Reggae-Ikone, Rastafari, Aktivist: Nach Kevin Macdonalds Doku „Marley“ von 2012, widmet Regisseur Reinaldo Marcus Green („King Richard“) Bob Marley (1945-1981) mit diesem Biopic ein weiteres filmisches Denkmal. Green setzt dabei vergleichsweise spät in der Biografie an, Lücken werden durch kurze Rückblicke in Marleys Vergangenheit gefüllt. Hauptaugenmerk dieses Dramas bildet der Zeitraum der politischen Unruhen auf Jamaica Mitte der 1970er Jahre, als das gespaltene Land kurz vor einem Bürgerkrieg steht. Bob Marley (Kingsley Ben-Adir, „Barbie“) will schlichten und heilen. Mit einem Friedenskonzert. Sein Umfeld, darunter auch seine Frau Rita (Lashana Lynch, „007 – Keine Zeit zu sterben“), ist verängstigt angesichts der Gewalt auf den Straßen. Ein Attentatsversuch zwingt Marley schließlich ins Exil nach London, wo er, getrennt von seiner Familie, an einem neuen Sound bastelt. Hier entsteht Bob Marleys Album „Exodus“, das den Rastafari zum Weltstar machen wird.
Mit seiner Reise durch Marleys letzte Lebensjahre feiert Regisseur Green den Musiker als Manifestation der Selbstlosigkeit. Marley stellt immerzu seine Botschaft übers Ego: das Streben nach Liebe und Einigkeit – All Are One! Geld spielt für ihn keine Rolle, solange Hotel und Soundsystem stimmen. Marley ist ein eherner, kiffender Prediger, dem Musik und Message untrennbar verbunden sind. Dem Glamour zuwider ist: „Ich bin Rasta, kein Superstar!“ Dafür wird Marley vergöttert: Rita stellt ihn mit Joseph gleich, von Gott beschützt. Wie der Sohn Gottes predigt Marley selbstlos Liebe, Nächstenliebe und Erlösung. Wie einst Jesus Händler und Geldwechsler mit einer Geißel aus Stricken aus dem Gebetshaus vertrieb, darf auch Bob Marley mal ausrasten und seinem Manager im Konzerthaus deftig in den Allerwertesten treten, weil der sich heimlich bereichert.
Man mag Greens Marley bewundern – zugleich bleibt er emotional wenig greifbar: Vielleicht war der Kontakt des Regisseurs zu Marleys Hinterbliebenen während der Produktion zu eng – Rita Marley und die gemeinsamen Kinder Ziggy und Cedella fungieren als Co-Produzent:innen des Films. Wir erfahren durchaus Wissenswertes über das Wesen der Rastafari-Bewegung, die Marley prägte. Wir werden durchaus an seine Musik herangeführt, wenn er mit den Wailers an einem neuen Song oder Sound tüftelt. Rückblicke untermauern den großen Einfluss Ritas, die ihm schon früh rät, dem Leben einen Sinn zu geben. Zugleich bleibt Marley seltsam fremd. Es fehlen Emotionen jenseits der (Nächsten-)Liebe, die er besingt, es fehlen Ecken und Kanten. Als Rita ihren Bob in London zur Rede stellt und sie über Eifersucht und Affären streiten, kommt das wie aus dem Nichts. Dass Marley während der Ehe mit Rita sieben uneheliche Kinder gezeugt hat, wird in diesem Biopic komplett verschwiegen.
Green liefert einerseits einen idealisierten Marley, andererseits aber bleibt die Legende glaubwürdig: in seinem Werk, in seinem Schaffen, in seiner Menschlichkeit. „Bob Marley: One Love“ ist ein solides biografisches Drama mit hübschen Vibes und einem guten Hauptdarsteller. Ein Drama, das bestimmte Momente mit bestimmten Songs des Künstlers verkettet. Songs, die Marley aus bestimmten Momenten heraus gebar. Die Momente, auf die sich Leben und Film beziehen, stimmen dabei nicht zwingend überein. Aber das ist Kino. So, wie die wiederkehrenden Visionen, die Marley von seinem Vater hoch zu Ross im brennenden Feld hat. Hier etwas Kitsch, dort etwas Verklärung – unterm Strich transportiert Green mit seinem Drama dennoch sympathisch und leichthändig allerhand Seele für ein großes Publikum. Zur weiteren Vertiefung sei Macdonalds erwähnte Doku und Hélène Lees „The First Rasta“ nahegelegt.
(Hartmut Ernst)
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