Die Ratssitzung zum Haushaltsplanentwurf 2010/2011 hatte durchaus filmreife Momente: Eine Seniorengruppe erteilte OB Jürgen Roters die Rote Karte wegen der angedrohten Kürzungen, wiederholte Buhrufe von der Zuschauertribüne endeten mit Polizeieinsatz, und vor dem Rathaus wurde ebenfalls publikumswirksam gegen die angekündigten Kürzungen im sozialen und kulturellen Bereich protestiert. Im Vorfeld der Sitzung am 13. Juli wurde ein von den unterschiedlichsten Kulturschaffenden unterstützter Offener Brief an Roters verfasst und gemahnt, die Freie Kunstszene nicht durch die geplanten Kürzungen zu zerstören. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Kölner Kino Nächte in einem anderen Licht. Auch die Kölner Kinoszene versucht, statt sich gegeneinander zu bekämpfen, um die wenigen zu erwartenden Gelder zu ergattern, den Druck in einer gemeinsamen Aktion abzufangen. In einer Zeit, in der an kultureller Förderung stark gespart wird, zeigen vom 13. bis 15. August die „2. Kölner Kino Nächte“ mit ihrem Programm aber nicht nur, was es alles in Köln an Filmkultur geben kann. Es ist einen Monat nach der Vorlage des Haushaltsplanentwurfs vor allem eine Präsentation dessen, was es demnächst vielleicht nicht mehr geben wird.
Ein geschlossenes Auftreten im Sinne einer gemeinsamen Veranstaltung sind die Kölner Kino Nächte nicht. Der Initiator – die Kino Gesellschaft Köln – bietet vor allem den Rahmen, das Programm mit über 40 Vorstellungen wird inhaltlich, organisatorisch und finanziell von den beteiligten Kinos, Festivals, Institutionen und Initiativen weitgehend in Eigenregie gestaltet. So sind die einzelnen Beiträge auch sehr unterschiedlich – sowohl in Bezug auf Größe und Ort der Veranstaltung als auch in Bezug auf die Kreativität der Programmgestaltung. Die einzelnen Angebote reichen von Vorstellungen, die auch ohne den Rahmen der Kino Nächte stattgefunden hätten, über gewöhnliche Previews und speziellere Wiederaufführungen bis hin zu Veranstaltungen an ungewöhnlichen Orten, mit Filmschätzen und anspruchsvollem Rahmenprogramm mit Gästen und
Diskussionen.
Zu den Highlights der diesjährigen Kino Nächte – um nur eins zu nennen – zählt sicherlich „Der Bettler vom Kölner Dom“ von 1927, denn hier vereinen sich vorbildlich gleich mehrere kuratorische Qualitäten: Ein alter Filmschatz mit regionalem Bezug wird liebevoll mit angemessener musikalischer Live-Begleitung präsentiert. „Gangster infiltrieren alle Schichten der Kölner Gesellschaft“ ist in der Inhaltsangabe zu lesen. Ein Schelm, wer da an die vielen Kölner Skandale denkt, die mit schuld an der gegenwärtigen finanziellen Misere sind. Rettung könnte von dem eigens vom Kölner Kurzfilmfestival Unlimited zusammengestellten „Kurzen Heldenprogramm“ kommen. Vielleicht sind ja nicht nur die Kinohelden auf der Leinwand gemeint, sondern auch die vor der Leinwand, also jene, die dafür sorgen, dass wir all diese Filme zu sehen bekommen? Letztere melden sich bestimmt bei der offenen Diskussionsrunde „Hat der Film in Köln eine Zukunft?“ am 15.8. um 17 Uhr im Filmforum zu Wort. Denn wenn sich die Stadt so radikal, wie es zurzeit aussieht, aus der Förderung herauszieht, dann können den Film in Köln nur noch diese Helden des Kinos retten. Und natürlich die Kinogänger, denn ohne die geht gar nichts. Also ab ins Kino.
www.koelner-kino-naechte.de
KombiTicket: 15 € I Vorverkauf ab dem 23.7. in den Kinos
Mit „Edie & Thea – a very long engagement” präsentiert choices zusammen mit dem Internationalen Frauenfilmfestival (IFFF) den letzten Gewinner des Publikumspreises des IFFF (14.8., 20 Uhr, Odeon) s. S.60.
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