11.000 Kinder und Jugendliche stimmten dieses Jahr bei der U18 Wahl in Köln ab – mehr als in fast jeder anderen großen deutschen Stadt. Das Ergebnis war eindeutig: Mit 38 Prozent liegen die Grünen weit vorne – das sind fast doppelt so viele Stimmen wie auf Bundesebene. Dahinter folgen SPD mit 17 Prozent, CDU mit 11 Prozent, FDP mit 10 Prozent und die AfD mit nur 2 Prozent Stimmenanteil.
„In einem Planspiel wollen wir jungen Menschen zeigen, wie wichtig es ist, seine Stimme abzugeben – und dass diese Stimme wertvoll ist“, sagt Thorsten Buff vom Kölner Jugendring in seinem Büro am Alter Markt. Er ist Vorstandsreferent des Vereins und ein echter „Kölsche Jung“. Die Wahlergebnisse schicke er an alle Kölner Akteure aus Politik und Verwaltung. Die Botschaft: „Hört her, Kinder und Jugendliche können sich reflektiert mit Politik auseinandersetzen und wählen nicht nur die Tierschutzpartei.“
Vielfältige Interessen vertreten
Der Kölner Jugendring verstehe sich als Lobbyorganisation für junge Menschen in Köln, so Buff. Man merkt ihm an, wie sehr ihm das Thema am Herzen liegt. Als Zusammenschluss von 20 Jugendverbänden und -organisationen ist es nicht nur einer der größten, sondern auch einer der vielfältigsten Jugendringe Deutschlands. Anders als üblich sind nicht nur Jugendverbände, sondern auch ein Teil der Jugendzentren, Schülervertretungen und Studentenausschüsse (AStA) Mitglied. So vertrete man ein breites Spektrum an Interessen.
Die Vielfältigkeit sei jedoch auch eine Herausforderung, erzählt Buff. Auf der Vollversammlung werde bei Anträgen oft kontrovers diskutiert, um gemeinsame Formulierungen zu finden – so beispielsweise über die geforderte Absenkung des Wahlalters. Nach langer Debatte entschied man sich schließlich für das Wahlrecht ab 14 Jahren auf Bundesebene und gegen eine Wahlaltersobergrenze. Politisches Gewicht erhält der Kölner Jugendring vor allem durch drei von Mitgliedern besetzte Stellen im Jugendhilfeausschuss.
500 Euro für gute Ideen
Ein Beispiel für niedrigschwellige Beteiligung von jungen Menschen ist ein Projekt des Arbeitskreises Partizipation: „Auf Kölner Nacken – Geld für Gutes!“. Hier können sich Kinder und Jugendliche um eine finanzielle Unterstützung für ihre Idee bewerben – bis zu 500 Euro sind drin. Es gehe darum, so Buff, „die Scheu zu verlieren, um Unterstützung für seine Anliegen zu fragen“. Bis der Verwaltungsapparat Interessen junger Menschen umsetze, würden meist viele Jahre vergehen. Für Jugendliche sei es frustrierend zu sehen, wie wenige ihrer Themen auf der großen Bühne stattfinden, beispielsweise die Debatte um den Artikel 13 im EU-Urheberrecht.
Buff glaubt dennoch, dass die Jugend heute besser für ihre Interessen eintrete. Durch das Internet seien sie weniger auf die Meinung der Eltern angewiesen, Youtuber wie Rezo erklären Politik in jugendgerechter Sprache. Daraus folgen Entwicklungen wie Fridays for Future, aber auch bedenkliche Radikalisierungsanzeichen, wie bei der U18 Wahl in Sachsen. Hier ist die AfD stärkste Kraft geworden. Der Politikunterricht sei nicht zielführend, so Buff, weil zu wenig neutral über politische Inhalte diskutiert werde.
Einen Lichtblick sieht Buff im Sondierungspapier der sich anbahnenden Ampel-Koalition: Darin steht die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Für die notwendige Verfassungsänderung dürften allerdings die benötigten Stimmen aus der Opposition fehlen.
VERLORENE JUGEND - Aktiv im Thema
generationenstiftung.com | Allianz von Jung und Alt für generationengerechte Politik.
bgekoeln.de | Gemeinnützige Organisation, die mit Aktionen für ein bedingungsloses Grundeinkommen wirbt.
jugend-waehlt.de | Die Bundesinitiative fordert die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre.
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