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„Muttersprache Mameloschn“
Foto: Meyer Originals

Von Europa nach Amerika

26. November 2015

„Muttersprache Mameloschn“ am Freien Werkstatt Theater – Theater am Rhein 12/15

Drei Frauen, drei Generationen: Großmutter Lin, Mutter Clara und Tochter Rachel sind jüdischen Glaubens und haben es nicht leicht miteinander. Lin überlebte das KZ, bekannte sich anschließend als Kommunistin zur DDR und avancierte dort zur Vorzeigejüdin. Auslandsreisen inklusive. Clara hingegen ist am Judentum nicht interessiert. Sie wuchs in der DDR auf, ist heute in der BRD angekommen und verabscheut alles Jüdische. Sie will assimiliert, aufgeklärt und deutsch sein. Ihre Tochter und Lins Enkelin Rachel hingegen, ist brennend am Judentum interessiert. Allerdings aus der Post-Holocaust-Perspektive, die sich um Aspekte jüdischen Lebens dreht, statt Auschwitz. Ihr Hauptkampfplatz ist aber das Feld der sexuellen Identität als lesbische Frau. Und bei ihrer Suche verschlägt es sie nach New York, wo sehr viele Juden leben.

Regisseur Kay Link inszeniert den Konflikt zwischen den Frauen und Generationen solide, unaufgeregt und mit Vertrauen in Salzmanns Text. Ein Vertrauen, das „Muttersprache/Mameloschn“ – Mameloschn ist das jiddische Wort für Muttersprache – zurückzahlt. Denn Salzmann stellt erhellende und wichtige Fragen nach der jüdischen Identität der Post-Holocaust-Generationen. Salzmann, 1985 in Wolgograd geboren, wuchs in Moskau auf, kam mit ihren Eltern in den 90er Jahren zu uns und nahm die Familie ihren alten Namen Salzmann wieder an. Salzmann geht es in im Stück mehr um die Themen Familie und Heimat als um Auschwitz. Wohin gehört heute ein Jude, eine Jüdin? Davie, Rachels Bruder, entschied sich für die Auswanderung nach Israel, ins „gelobte Land“. Dieser Akt hinterließ tiefe Wunden bei den drei Frauen, die an ein jüdisches Leben außerhalb Israels glauben. Doch dieser Ort ist offensichtlich immer seltener Europa. Am Ende, wenn Lin verstorben ist, stellt sich für Clara die Frage, was sie allein in Deutschland, das sie sowohl für dessen Judophilie als auch den Antisemitismus verachtet, noch soll. Bei einem Telefonat aus New York gibt Rachel mit einem Witz die Antwort: „Wie telefoniert ein dummer mit einem klugen Juden? – Von Europa nach Amerika.“ Und dann sagt sie noch: „Komm her!“

„Muttersprache Mameloschn“ | R: Kay Link | 17., 18., 26., 27.12. 20 Uhr | Freies Werkstatt Theater | 0221 32 78 17

Bernhard Krebs

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