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Regisseur Frieder Wittich mit Eugene Boateng (l.) und Nahuel Pérez Biscayart (r.)

Träume endlich wahr machen

17. Juli 2015

Premiere „Becks letzter Sommer“ im Odeon – Foyer 07/15

Köln, 16. Juli: Der frustrierte Musiklehrer Robert Beck (Christian Ulmen) ergreift eine Chance auf einen Neuanfang, als er das beträchtliche musikalische Talent seines Schülers Rauli (Nahuel Pérez Biscayart) entdeckt. Nun kann der ehemalige Band-
leader endlich wieder kreativ sein und seinen an strikte Lehrpläne gebundenen Job an den Nagel hängen. Doch ein Plattenvertrag ist nicht leicht zu bekommen, die Freundin Lara (Friederike Becht) hat eigene Pläne, und der Pfad des Duos nimmt eine weitere Wende, als Becks bester Freund Charlie (Eugene Boateng in seinem Kinodebüt) dringend nach Istanbul begleitet werden will…


Ein Leben nach Lehrplan: Christian Ulmen als Beck, Bild: © Senator Film

Tragikomödie, Musikfilm, Roadmovie, Coming-of-Age-Story, Buddy-Film, Liebesfilm, das ist die stimmungsvolle Mischung von „Becks letzter Sommer“, das sich um Entscheidungen und Lebenskrisen dreht. Die Vorlage ist ein Roman des damals 23-jährigen Benedict Wells, der sich ähnlich wie Beck entschieden hatte, vom sicheren Pfad abzugehen, indem er, statt in Berlin zu studieren, sich dort einen Job suchte und nachts an Romanen wie diesem arbeitete.


Benedict Wells schrieb die Romanvorlage

„[Drehbuchautor] Oliver Ziegenbalg und ich wollten nach ‚13 Semester‘ wieder zusammenarbeiten“, so Regisseur und Co-Autor Frieder Wittich. „Als Benedict Wells‘ Roman rauskam, war uns beiden sofort klar: Das wird unser nächster Film. Wir mochten das Thema, die Mischung aus Humor und Drama, aber auch die Figuren und die Dialoge.“ Doch man habe lange gebraucht, um den Film zu machen, weil diverse Schauspieler und Beteiligte nacheinander noch in andere Projekte verwickelt gewesen seien. Aus denselben Gründen konnte Ulmen jetzt auch nicht nach Köln kommen.


Produzent Jakob Claussen mit Wittich

Wells erklärte mir am Rande der NRW-Premiere, man habe ihm die Drehbuch-fassungen zukommen lassen, „und ich habe natürlich immer meinen Senf dazu gegeben.“ Er habe aber gewusst, dass ein Film etwas ganz anderes sei, „wollte nicht klammern“ und war sehr zufrieden damit, wie vieles „visuell gelöst wurde“. Mit Abweichungen vom Buch schien er zufrieden zu sein, zum Beispiel, dass man aus dem „Halt!“ gegen Gewalt einen Running gag gemacht habe. Im Film sieht man Rauli immer wieder etwas auf gelbe Zettel schreiben, weiß aber nicht was. „Das steht nur im Buch. Das wurde zwar auch alles gedreht, aber der Film mit dem kompletten Drehbuch war 150 Minuten lang. Da wurde also einiges auch wieder rausgenommen.“ Das Filmende sei ein „ganz anderes“, aber genauso offen und passend. „Das Wichtigste war mir, dass das Gefühl des Buches auch im Film herüberkommt.“ Die Idee, Christian Ulmen zu besetzen, war seine.


Der Düsseldorfer Tänzer und Schauspieler Eugene Boateng

Dass der Roman keinen Soundtrack hat, versteht sich von selbst. Also musste man sich überlegen, was für Musik da zwischen Beck und Rauli zustande kommen würde. Für die gesamte Filmmusik hat Wittich frühzeitig mit Tobias Jundt aka Bonaparte zusammengearbeitet. „Er hat zwei Jahre an den Songs gearbeitet. Wir mussten superviel vorproduzieren, und weil Christian Ulmen jetzt nicht wirklich Musiker ist, das weiß man ja, da musste er natürlich auch ein bisschen üben und gecoacht werden. Das war eine anstrengende Zeit mit der ganzen Musik, aber auch eine ganz tolle Zeit, an die ich mich immer gerne rückerinnern werde.“


Autor Benedict Wells (l.) mit Tobias Jundt aka Bonaparte (Filmmusik)

Auch Biscayart, im Film Becks musikalische Entdeckung, habe kaum Musik spielen können. „Wir haben einen litauischen Jungen mit 18 Jahren gesucht, der singen und Gitarre spielen kann. Wir haben ein Jahr lang gesucht und ihn nicht gefunden, um dann einen Schauspieler aus Argentinien zu entdecken, der 27 oder 28 Jahre alt war, kein Wort Deutsch sprach, schon gar nicht mit litauischem Akzent, der nicht singen kann und auch noch nie eine Gitarre umgehängt hatte. Ich bin nach wie vor fasziniert, wie der Typ mit seinem phonetischen Gehör und seinem unglaublichen Talent diese Rolle gemeistert hat.“


Biscayart mit Jundts Hut

Der in Argentinien und in Europa gleichermaßen gefragte Biscayart („Tief in den Wäldern“, „Glue“, „Je suis à toi“) erklärte mir nach dem Film auf Englisch – er spricht kaum Deutsch –, dass im Film Tobias Jundt selbst für ihn singe, der eine sehr ähnliche Stimme habe. Es sei Mitte 2014 sein erster Dreh in Deutschland gewesen, in diesem Jahr habe er aber in einen zweitem Film hier mitgespielt, Maria Schraders „Vor der Morgenröte“.


Sorgten bei Torus für den Klang: Stefan Korte (Mischung) und Torsten Zumhof (Tondesign)

Produzent Jacob Claussen (Claussen+Putz) hat bereits für „Verschwende deine Jugend“ und „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ mit Ulmen zusammengearbeitet. Ohne die Förderung der Film- und Medienstiftung NRW hätte der Film allerdings, so Claussen, nicht gedreht und auch nicht ins Kino gebracht werden können. Neben Dreharbeiten wurde in Köln auch am Ton gearbeitet. „Das ist ein Musikfilm“, sagt Wittich, „und da ist man auch nervös, denn das Ding muss dann einfach fett klingen, und ich finde, er klingt superfett.“ Bonapartes Soundtrack ist schon draußen und der Film startet am 23. Juni im Kino.

Text/Fotos: Jan Schliecker

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