Dass Laura Becker das andere Geschlecht sexuell nicht anziehend findet, hat sie schon mit 13 Jahren gemerkt. „Es war einfach da, ich habe zunächst gar nicht so sehr darüber nachgedacht“, erinnert sich die heute 25-jährige Lehramtsstudentin. Mit ihrer Homosexualität sei sie schnell offen umgegangen, Probleme an ihrer Schule habe sie dadurch keine gehabt. Anders als viele andere Jugendliche. Aus diesem Grund hat sich Becker 2012 bei der Gründung der Regionalgruppe des Projektes „SchLAu“ in ihrer Wahlheimat Bonn engagiert, das dort unter der Trägerschaft der örtlichen Aids-Hilfe läuft.
„SchLAu“ steht für „Schwul Lesbisch Bi Trans Aufklärung“. Ehrenamtlich helfende Mitarbeiter aus 17 regionalen Gruppen gehen in Schulen oder Jugendzentren, um dort über Homosexualität zu sprechen. Miteinander und nicht übereinander reden – so lautet das grundlegende Prinzip, das hinter „SchLAu“ steckt. Warum das Projekt wichtig und richtig ist, ist für die Mitinitiatorin von „SchLAu Bonn“ selbsterklärend: „Homosexualität ist einfach immer noch kein Thema an der Schule. Die Wenigsten sind geoutet, und viele, die es sind, haben schlechte Erfahrungen gemacht“, stellt Becker fest.
Drei Stunden lang sind die Mitarbeiter in Teams in den Klassen. Lehrpersonen sind in dieser Zeit nicht anwesend. Dies, so Becker, schaffe Vertrauen zu den Schülern, weil diese dann ganz offen reden könnten. Dass so ein Dialog entstehe, sei enorm wichtig, ist sich Becker sicher. Kernstück einer jeden Aufklärung sei deshalb auch die Biographie-Runde, bei der sich die Teammitglieder zunächst outen, um sich anschließend den Fragen der Schüler zu stellen und über ihre eigenen Erfahrungen zu reden.
„Wenn mich ein Schüler fragt, ob einer meiner Kollegen schwul ist, mache ich klar, dass er ihn das selbst fragen müsse“, erklärt Becker. Genauso wird nicht über Fragen gesprochen, die ausschließlich privater Natur sind und zum Wissen über Homosexualität nichts beitragen. „Wenn jemand also fragt, ob man beim Sex passiv oder aktiv sei, beantworten wir das nicht.“
Trotz über bis dato 40 Einsätze sei ihr bislang noch nichts wirklich Unangenehmes widerfahren, so Becker. Eher im Gegenteil: „Viele der Schüler hängen richtig an unseren Lippen. Man merkt, dass sie es toll finden, mit uns über das Thema zu reden. Die hören zu, und das ist es auch, worum es uns geht.“ Lediglich einmal – da war sie persönlich aber nicht dabei – sei einer ihrer Kollegen von einer Gruppe Schülern „in Anführungsstrichen gemobbt“ worden. Heute würden sie in einer solchen Situation offensiver die jeweiligen Schüler ansprechen, damals sei es aber für den Betroffenen eine belastende Situation gewesen.
Ihr persönliches Ziel, das sie mit „SchLAu“ erreichen wolle, ist eine „noch freiere Gesellschaft“, erklärt Becker. „Wenn es irgendwann nicht mehr nötig ist, dass man sich outen oder Angst davor haben muss, wäre es schon toll.“
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