All das Bitten der Kulturbewegten hat nichts genutzt. Lautstark hatten sie sich dafür eingesetzt, die 68-jährige parteilose Isabel Pfeiffer-Poensgen in ihrem Amt als Ministerin für Kultur und Wissenschaft zu belassen. Doch der alte und neue Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte andere Pläne. Die zukünftige Kulturministerin heißt Ina Brandes. Sie war zehn Jahre lang Sprecherin der Geschäftsführung der Firma Sweco, deren Schwerpunkt in der Beratung bei Infrastrukturprojekten lag. Im Oktober 2021 hatte sie von Wüst die Leitung des Verkehrsministeriums übernommen, dem sie wohl auch gerne weiter vorgestanden hätte. Doch der grüne Koalitionspartner erhob Anspruch auf das Ministerium. Für Brandes musste ein neuer Job her.
Kultur- und Wissenschaftspolitik waren bisher nicht Brandes‘ Steckenpferde. Sie hat zwar Politologie, Geschichte und Englische Philologie studiert, aber ihre Präferenzen sind eindeutig: Wirtschaft und Familie hatte sie einmal als politische Interessensgebiete angegeben. Interviews gibt Brandes derzeit noch keine, aber zu ihrem Dienstantritt ließ sie eine vielsagende Pressemeldung verbreiten. Darin hieß es: „Nordrhein-Westfalen ist spitze in Wissenschaft und Forschung und zugleich ein Kulturland ersten Ranges. Aber es liegen noch große Herausforderungen vor uns, die wir anpacken müssen – im Hochschulbau ebenso wie beim Kampf gegen den Fachkräftemangel oder beim weiteren Ausbau der kulturellen Strukturen.“
Das klingt nach Polit-Floskel, nimmt aber eine vielleicht entscheidende Umwertung vor. Der Name des Ministeriums lautet „Ministerium für Kultur und Wissenschaft“ und Pfeiffer-Poensgen lag die Kultur eindeutig mehr am Herzen. Ina Brandes scheint diese Prioritäten nun umzudrehen und setzt gleich zwei Mal hintereinander die Wissenschaft an die erste Stelle. Das entspräche auch der finanziellen Gewichtung des Ministeriumshaushalts: Neun Zehntel entfallen auf die Wissenschaft, der Rest auf die Kultur. Eine kulturfeindliche Sparkommissarin wird Brandes trotzdem nicht werden: Nach dem Koalitionsvertrag sollen die Ausgaben allein für die Kultur im Laufe der Legislaturperiode um 50 Prozent, konkret: 150 Mio. Euro, steigen – nur die verbalen Streicheleinheiten für die Kultur dürften vielleicht etwas weniger werden.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Mit Freikarten funktioniert das nicht“
Hermann Hollmann und Bettina Fischer über die 1. Kölner Kulturkonferenz – Interview 01/23
Der Genuss der Stille
„Schreibraum“ für literarische Produktion in Köln – Kulturporträt 02/19
Erinnerung sitzt im Ohr
Der Brunosaal: Atmosphäre, Tradition und Filmhaus Chor – Kulturporträt 10/18
Märchenschloss und Kraftwerk des Wissens
Kölns Zentralbibliothek ist eine der interessantesten Bibliotheken Deutschlands – Kulturporträt 08/18
Prächtige Theatermaschine
In der Comedia schlägt das kulturelle Herz des Kölner Südens – Kulturporträt 04/18
Kunst macht glücklich
Der KunstSalon als privater Impulsgeber der Kultur in Köln – Kulturporträt 03/18
Ein Haus der Verwandlungen
Das Theater im Ballsaal – eine der schönsten Bühnen NRWs – Kulturporträt 01/18
Ein Fluss, kein Sumpf
Wie die TanzFaktur zu einem der aufregendsten Tanzorte NRWs wurde – Kulturporträt 12/17
Immer einen Schritt voraus
Das Forum für Fotografie ist eine Konstante der Avantgarde im Rheinland – Kulturporträt 11/17
Nicht nur barfuß am Klavier
Der Kultursalon Freiraum in Köln-Sülz – Kulturporträt 10/17
Generation machtlos
Der demografische Wandel kostet die Jungen nicht nur Geld, sondern auch Einfluss – THEMA 09/17 JUNGE POLITIK
„Ich glaube, dass Politik oft nicht eindeutig genug ist“
SPD-Landtagsabgeordnete Lisa Kapteinat über politische Konkurrenz und Graubereiche zwischen Politik und Wirtschaft – Thema 09/17 Junge Politik
Tausch zwischen Wien und Köln
Kay Voges wird Intendant des Kölner Schauspiels – Theater in NRW 09/23
Folgerichtiger Schritt
Urban Arts am Theater Oberhausen – Theater in NRW 08/23
Neue Allianzen
Bühnen suchen ihr Publikum – Theater in NRW 07/23
Interims-Intendant für den Neuanfang
Rafael Sanchez leitet ab 2024 das Schauspiel Köln – Theater in NRW 06/23
And the winner is …
Auswahl der Mülheimer Theatertage – Theater in NRW 04/23
Knappheit und Kalkulation
Besucher:innenzahlen am Theater steigen – Theater in NRW 03/23
Gegen Ausbeutung und Machtmissbrauch
Klassenkämpferischer Wind weht durch die Theater – Theater in NRW 02/23
Mehr Solidarität wagen
Die Theater experimentieren mit Eintrittspreisen – Theater in NRW 01/23
Zeichenhafte Reduktion
NRW-Kunstpreis an Bühnenbildner Johannes Schütz verliehen – Theater in NRW 12/22
Bessere Konditionen
EU stärkt Solo-Selbstständige im Theater – Theater in NRW 11/22
Internationale Vernetzung
Olaf Kröck verlängert Vertrag bei den Ruhrfestspielen – Theater in NRW 10/22
Dunkle Fassaden
Das Theater und die Energiekrise – Theater in NRW 09/22
Dortmunder Turbulenzen
Schauspielchefin Julia Wissert unter Druck – Theater in NRW 07/22