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Im wilden Osten

01. März 2010

Bernd A. Hartwig über Leben und Arbeiten in Köln-Kalk - Thema 03/10

choices: Herr Hartwig, Köln-Kalk hat immer noch den Ruf eines Arbeiterstadtteils. Gibt es trotzdem kreative Areale?
Bernd A. Hartwig: Die gibt es seit über 10 Jahren, kurz nach dem Ende der Chemischen Fabrik CFK. Damals hatten wir große Hoffnungen auf einen Aufbruch. Kalk hatte den ehrlichen, erdigen, manchmal rauen, aber immer liebenswerten Charme, der für kreatives Arbeiten den idealen Nährboden bildet. Besonders in den Gegenden um die Trimbornstraße, rund um die Kalker Kapelle und in den Arealen der alten Güterbahnhöfe ließen sich erste kleine Pflänzchen einer kreativen Szene erkennen. Initiativen wie „kran51“ oder Lokale wie der „Blaue König“ und die „Vorstadtprinzessin“ wurden zum Treffpunkt von Gestaltern, Autoren, Jungregisseuren, Architekten und Künstlern aus dem rechtsrheinischen Köln.

Fühlen Sie sich als Pionier?
Ein bisschen schon. Manchmal fühlt sich Kalk mit seinen Drogendealern, der italienischen Mafia und den pöbelnden Prolls ein bisschen nach Wildem Westen an. Von einem kuscheligen, etablierten oder gar mondänen Lebensgefühl ist hier wenig zu spüren. Aber die Brüche, die Lebendigkeit und zum Teil auch die Hässlichkeit Kalks sind gleichzeitig sein Potential. Allerdings sind die Hoffnungen auf Veränderung deutlich gedrosselt.

Warum?
Weil die Entwicklung auf dem ehemaligen CFKGelände eine Katastrophe für Kalk ist – ohne jeden Bezug zu seinen Bewohnern und seiner Geschichte. Der neu entstehende Retorten-Stadtteil liegt an der Autobahnauffahrt und nicht in Kalk. Die Köln-Arcaden riegeln das Gelände hermetisch von Kalk ab. Durch den Konkurrenzdruck der Arcaden verödet die ehemals sehr lebendige Kalker Hauptstraße.

Immerhin gibt es auf dem CFK-Gelände das Odysseum.
Das Odysseum scheint eher das Feigenblatt einer Investorenplanung zu sein, aber kein wirklich wegweisendes Wissenschaftsmuseum wie beispielsweise das „Nemo“ in Amsterdam. Hier bewies Köln einmal mehr den Hang zum unteren Mittelmaß.

Hat die Halle Kalk des Schauspielhauses dem Stadtteil zu mehr Urbanität verholfen?
Sie hat. Wäre sie zum ausschließlichen Ersatzspielort für das Schauspielhaus geworden, wäre das zumindest ein Zeichen dafür gewesen, dass die Stadt Köln Kalk als kulturellen und kreativen Stadtteil noch nicht ganz aufgegeben hat.

Welche Perspektive hat Kalk für einen Anschluss an die Kölner Innenstadt?
Von der S-Bahn-Haltestelle Trimbornstraße sind es nur fünf Minuten zum Hauptbahnhof, und die KVB fährt in neun Minuten von Kalk Post zum Neumarkt. Die Lage wäre also durchaus mit Ehrenfeld oder Nippes zu vergleichen. Tatsächlich ist Kalk aber durch den Deutzer Ring, den östlichen Zubringer und die Trutzburgen des Technischem Rathauses und der Lanxess-Arena von Köln abgeschnitten. Einzig die Fachhochschule zwischen Deutz und Kalk war bisher Bindeglied.

Peter Hanemann/Wolfgang Hippe

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