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Im Sommer heiß und schwül

23. August 2010

Volker Ermert über Föhneffekte, Lachgas und regionalen Klimaschutz - Thema 08/10 Klimakultur

choices: Herr Ermert, das Wichtigste zuerst: Warum reden wir so viel übers Wetter?
Volker Ermert: Eine einfache Antwort: Wir leben nicht unter, sondern auf der Erdoberfläche inmitten der Luftmassen der Atmosphäre. Wir sind ständig vom Wetter betroffen. Grund genug, sich damit zu beschäftigen und darüber zu reden.

Gibt es ein typisches Kölner Wetter?
Es gibt eine Reihe von typischen Wetterphänomenen. Da Köln von Mittelgebirge umgeben ist, ist die Stadt mitunter von einem leichten Föhneffekt betroffen. Der entsteht, wenn Luftströmungen von der Eifel oder dem Bergischen Land in die Kölner Bucht gelangen. Sie trocknen über den Mittelgebirgen teilweise aus und sorgen für wärmere Temperaturen. Außerdem gibt es einen Rheineffekt, der Fluss kanalisiert gewissermaßen die Luftströmungen. Weil die Wassertemperatur des Rheins im Sommer kälter ist als die Luft, tendieren schwächere Wolkenstrukturen dazu, sich über dem Rhein aufzulösen. Eine mögliche Nebenfolge: weniger Niederschlag östlich des Rheins.

Viele Kölner klagen gerne über das anstrengende, extrem schwüle und drückende Wetter.
Dass es bei Hitze in Köln schnell schwül wird, liegt vor allem an der vergleichsweise nahen Lage Kölns zum Atlantischen Ozean und dem Mittelmeer. Im Sommer ist Köln während Hitzeperioden deshalb häufig von sehr feuchten Luftmassen betroffen. Zum anderen bildet Köln selbst gegenüber dem ländlichen Umland eine Wärmeinsel mit entsprechend höheren Temperaturen.

Viele Phänomene. Wann hört denn Wetter auf und das Klima fängt an?
Klima bedeutet zunächst einmal nichts anderes als die Gesamtheit aller meteorologischen Vorgänge an einem Ort. In der Meteorologie wird übrigens zwischen Wetter, Witterung und Klima unterschieden. Wetter umfasst das unmittelbare Wettergeschehen in einem Zeitraum von ein bis zwei Tagen. Von Witterung sprechen wir, wenn der Zeitraum von einer Woche bis zu etwa einem Monat gemeint ist. Zur Bestimmung des Klimas wird hingegen eine Zeitspanne von mindestens 30 Jahren betrachtet.

Die Menschen beeinflussen das Klima seit langem?
Global und gut feststellbar seit Beginn der Industriellen Revolution. Seitdem ist die Konzentration von Kohlendioxid, Lachgas und Methangas in der Atmosphäre stark angestiegen und damit die Temperatur – zwischen 1900 und 2005 in der globalen Mitteltemperatur um 0,7 Grad. Die Steigerungsrate war in den 1970ern, 1980ern besonders hoch, in den letzten Jahren stagniert sie, vermutlich aufgrund natürlicher Schwankungen. Aber es wird erwartet, dass sie demnächst wieder deutlich ansteigen wird.

Ist das nicht umstritten?
Unter Fachleuten wird kaum bestritten, dass die steigende Temperatur im letzten Jahrhundert weitgehend vom Menschen erzeugt wurde. In der breiteren Öffentlichkeit gibt es dagegen regelrechte Störmanöver, z. B. von der Ölindustrie, die kein Interesse an solchen Ergebnissen hat. Es werden von ihr auch Wissenschaftler unterstützt, die Mindermeinungen vertreten.

Hat sich das Klima schon einmal vor der Industriellen Revolution verändert?
Das Klima verändert sich stetig. Manchmal auch in Folge von Naturkatastrophen, etwa wenn in den Ozeanen kalte Wassermassen an die Oberfläche drängen, sich die Sonnenaktivität verändert oder wenn Vulkanausbrüche die Sonne verdunkeln. Die letzten beiden Faktoren haben vermutlich die Kleine Eiszeit im 16./17. Jahrhundert verursacht. Klimaveränderungen können aber auch auftreten, wenn die Erde ihre Umlaufbahn um die Sonne verändert. Hier spielen die sogenannten Melankovic-Zyklen eine Rolle. Auch die Erdachse kann sich verschieben – dabei ändert sich der Winkel, in dem die Sonnenstrahlen auf die Erdoberfläche treffen. Über verschiedene Rückkopplungsmechanismen kann das weitreichende Veränderungen mit sich bringen.

Der Ausbruch des Eyjafjallajökull auf Island hat uns vor einigen Monaten sehr beschäftigt. Bremst dieser Ausbruch den Klimawandel?
Beschäftigt hat der Vulkan uns, weil er den Luftverkehr in Mitleidenschaft gezogen hat. Dass er einen merklichen Einfluss auf die Temperatur hatte, wage ich zu bezweifeln. Der Klimawandel kann nur durch uns abgemildert, aber längst nicht mehr verhindert werden. Wir selbst können aber viel gegen den Klimawandel tun, indem wir uns klimagerecht fortbewegen – zum Beispiel weniger fliegen und auf einen Urlaub in der Karibik, den USA oder auf Mallorca verzichten. Wenig Auto fahren, dafür das Fahrrad oder den Öffentlichen Nahverkehr nutzen. Oder: Wir essen zu viel Fleisch und nehmen zu viele Milchprodukte zu uns. In der Landwirtschaft wird sehr viel Lachgas freigesetzt, ein viel schädlicheres Treibhausgas als CO2. Wir können auch unsere Häuser besser dämmen und elektrosparende Geräte einsetzen. In Köln setzt sich beispielsweise das Klimabündnis für den regionalen Klimaschutz ein und versucht die Bürger zu überzeugen, endlich etwas zu tun.

Und die Politik?
In der Politik sollten die Rahmenbedingungen für eine grüne Revolution geschaffen und die bisherige Energiepolitik aufgegeben werden – weg von Kohle, Öl und Gas, auch von Atomenergie, hin zu erneuerbaren Energien.

Nach einer aktuellen Untersuchung des Bundesumweltamtes wäre das bis 2050 zu hundert Prozent zu schaffen. Aber in NRW setzt die Koalition Rot/Grün/RWE weiter auf Braunkohle-Kraftwerke.
An Kohlekraftwerken festzuhalten, ist in der heutigen Zeit nicht sehr weise. Gegen die Macht der Kohlelobby sollte die Politik auf jeden Fall den Neubau von weiteren Kohlekraftwerken verhindern und so bald wie möglich ganz auf solche Kraftwerke verzichten.

Dr. Volker Ermert
Foto: privat
Dr. Volker Ermert ist Diplom-Meteorologe und arbeitet am Institut für Geophysik und Meteorologie der Universität zu Köln. Das Thema seiner Dissertation: Der Einfluss des Klimawandels auf die Verbreitung der Malaria in Afrika. Mehr unter www.klimabuendnis-koeln.de.



Peter Hanemann / Wolfgang Hippe

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