Der 16-jährige Alexis lebt seit zwei Jahren in dem Badeort Le Tréport in der Normandie. Als er in den Sommerferien mit dem Boot rausfährt, kentert er bei einem Gewitter. Der zwei Jahre ältere und sehr selbstbewusste David rettet ihn, und die beiden werden nicht nur Freunde, sondern auch ein heimliches Liebespaar. Davids Mutter ist begeistert, denkt sie doch, ihr Sohn hätte ein Jahr nach dem Tod seines Vaters nur einen guten Freund gefunden. Die beiden Jungs erleben hingegen einen Sommer voller Leidenschaft und Entdeckungen, der sich für sie perfekt anfühlt. Zumindest bis der umtriebige und weniger romantisch veranlagte David aus Langeweile mit einem Mädchen fremd geht. Als Alexis das herausfindet, haben die beiden einen Streit, der schließlich in einem Drama eskaliert. François Ozon verfilmt mit „Sommer 85“ (Cinenova, Lichtspiele Kalk, Weisshaus, OmU im OFF Broadway) den Roman „Dance on my Grave“ von Aidan Chambers aus dem Jahr 1982, den er seinerzeit als Jugendlicher mit großer Begeisterung gelesen hat. In seiner Verfilmung, die uns mittels Mode und Musik (Score von Jean-Benoît Dunckel von Air, Songs von The Cure, Lloyd Cole, Raf, Rod Stewart u.a.) gekonnt in die Zeit der 80er Jahre entführt, fühlt man sich schon in den ersten Szenen gleichermaßen an Eric Rohmers Filme „Pauline am Strand“ (1982) und „Sommer“ (1996) und der jugendlichen Liebe, von der die Filme leichthändig erzählen, erinnert. Und natürlich denkt man auch gleich an den Arthouse-Hit „Call me by your Name“ von Luca Guadagnino, der nicht nur das Coming of Age-Thema, sondern auch das Thema der ersten schwulen Liebe mit „Sommer ‘85“ teilt und ebenfalls in den frühen 80er Jahren angesiedelt ist. Ozon platziert seinen Film zwischen der eher formellen, philosophischen Betrachtung bei Rohmer und der sehr emotionalen, delegischen Inszenierung bei Guadagnino. Beides fügt sich bei ihm organisch ineinander.
Lehrerin Emi dreht mit ihrem Mann einen privaten Pornofilm, und der Hardcorestreifen gelangt an die Öffentlichkeit. Die erzürnte Elternschaft bittet Emi vor ein Tribunal. Der rumänische Filmemacher Radu Jude definiert seinen Film „Bad Luck Banging or Loony Porn“ (Filmpalette, Lichtspiele Kalk, Open Air im MAKK) als Skizze und bettet die Rahmenhandlung in drei Akte, in denen er explizit und experimentell ein kritisches Gesellschaftsbild zeichnet. Jude erhielt für seine messerscharfe Abrechung dieses Jahr den Goldenen Bären der Berliner Filmfestspiele.
Maria Heubuch sitzt im EU-Parlament, engagiert sich gegen Landgrabbing und nimmt die EU in die Verantwortung. Karin Berndt ist Bürgermeisterin einer kleinen Gemeinde und kämpft für die Erhaltung der ortsansässigen Schule. Charly Schillinger und Günther Wuchterl beantragen, dass der Sternenhimmel über dem niederösterreichischen Großmugl durch die UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wird. Ein Portrait von Menschen, die sich für den Erhalt von Werten, Kultur und der Lebensgrundlage stark machen. Gesa Höllerbachs Doku „Landretter“ (Filmpalette) tut gut, weil sie darlegt, wie schön es ist, Bürgern zu folgen, die sich tatkräftig und konstruktiv für etwas engagieren, anstatt bloß polemisch gegen etwas zu wettern.
Rory (Jude Law) ist ein erfolgreicher Finanzexperte. Für einen neuen Job zieht er Mitte der 80er Jahre mit seiner Familie aus den USA zurück in seine Heimat England, wo er ein großes altes Anwesen gemietet hat. Tatsächlich hat ihn das berufliche Glück schon vor einer Weile verlassen, und auch die neue Hoffnung auf Erfolg in London erfüllt sich nicht. Rory gesteht die zunehmenden Probleme weder sich noch seinem Umfeld ein und setzt alles darauf, die Fassade aufrecht zu erhalten. Seine Frau (Carrie Coon) und die Kinder reagieren ganz unterschiedlich auf die zunehmende Anspannung. Sean Durkin („Martha Marcy May Marlene“) lässt sich auch in seinem zweiten Film „The Nest – Alles zu haben ist nie genug“ (Cinenova, Rex am Ring) viel Zeit, um sein im Thatcherismus angesiedeltes, aber hochaktuelles Sittenbild weitgehend undramatisch zu entfalten.
Außerdem neu in den Kinos: Marc Bauders philosophischer Essay „Wer wir waren“ (OFF Broadway, Weisshaus), John Lee Hancocks Thrillerdrama „The Little Things“ (Cinedom, Cineplex, Rex am Ring, UCI), Cate Shortlands „Avengers“-Ableger „Black Widow“ (Cinedom, Cineplex, Rex am Ring, UCI), Josh Lawsons romantische Zeitschleifenkomödie „Und täglich grüßt die Liebe“ (Cinedom, Cineplex, UCI) und Joal Crawfords Trickfilmspaß „Die Croods: Alles auf Anfang“ (Cinedom, Cineplex, Rex am Ring, UCI).
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Mexikos Malerin
Die Filmstarts der Woche
Vom seltsamen Reiz der Oberflächen
Eric Lanz im Museum Morsbroich in Leverkusen – kunst & gut 07/25
Frauen und Favoriten
Opern an Rhein und Ruhr in der Spielzeit 2025/26 – Oper in NRW 07/25
Von Autos befreit
Teil 1: Lokale Initiativen – Einst belächelt, heute Vorbild: Die Siedlung Stellwerk 60 in Köln
Ein Fest der Kammermusik
Der Pianist Alexandre Kantorow in Wuppertal – Klassik an der Ruhr 07/25
Fehlende Erinnerung
Zum 21. Jahrestag des NSU-Anschlags an der Keupstraße: Unmut über den verzögerten Bau des Mahnmals – Spezial 07/25
Was bleibt
Die Natur und wir – Glosse
Ein Bürgergeschenk
Kostenlose Konzerte in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 07/25
Zart und kraftvoll zugleich
„Perlen“ von Siân Hughes – Textwelten 07/25
Träume im Haferfeld
Drei Kölner Ausstellungen über Sagen und Fantasien – Galerie 07/25
„Klimakrisen sind nicht wegzureden“
Teil 1: Interview – Der Ökonom Patrick Velte über die Rückabwicklung von Nachhaltigkeitsregulierungen
Die ungesehene Praktikantin
„Opus 132“ am Comedia Theater – Prolog 07/25
Vielfalt in den Feldern
Belohnungen für mehr Biodiversität in der Landwirtschaft – Europa-Vorbild: Österreich
Tastenlegende auf Tournee
Herbie Hancock in der Philharmonie Essen – Improvisierte Musik in NRW 07/25
Alternative Realität in Tokyo
„Tokyo Sympathy Tower“ von Rie Qudan – Literatur 07/25
Improvisationen der Liebe
„Romeo und Julia. Ich fühl‘s nicht“ am Theater im Bauturm – Auftritt 07/25
Keine Frage der Technik
Teil 1: Leitartikel – Eingriffe ins Klimasystem werden die Erderwärmung nicht aufhalten
„Vielleicht wird die Kindheit outgesourct“
Regisseurin Viola Neumann über „Das Experiment“ am Freien Werkstatt Theater – Premiere 07/25
Sommergefühle
Leichte Kino-Kost im Juli – Vorspann 07/25
Chaos
NRW kürzt bei freien Tanzgruppen – Tanz in NRW 07/25
Unter blauäugigen Hunden
„Traudl Junge – Im Schatten des Bösen“ in der Alten Feuerwache – Theater am Rhein 06/25
Rebellion gegen Repression
Der 13. Asientag in Köln – Spezial 06/25
Auf der Straße
Drei Vertreter der Street Photography im Museum Ludwig – kunst & gut 06/25
Für stille Momente
Das Even Flow Festival am Tanzbrunnen – Festival 06/25
Lebendige Musikgeschichte
Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller in Köln – Klassik am Rhein 06/25