Für stille Momente
Das Even Flow Festival am Tanzbrunnen – Musik 06/25
Das Even Flow Festival am zweiten Juli-Wochenende sieht sich als Gegenentwurf zur Welt der viralen Hypes und permanenten Ablenkung. Der Flow steht für das Aufgehen im Moment, für den Fokus, für das Zuhören. Die Veranstaltung feiert ihr Debüt auf drei Bühnen am Tanzbrunnen. Das Ganze kommt betont und wohltuend niederschwellig daher: So steht auf den Ankündigungsplakaten und -plattformen das Line-up im Vordergrund ohne allzu viel Eigenlobhudelei, und es gibt Tickets sowohl für das gesamte Wochenende als auch nur für einen der beiden Tage, Einzel-, Familien- oder Kinder-Zusatztickets. Die Bandauswahl soll laut Eigenaussage auch den Musikern einen Raum bieten, die auf anderen Festivals nur schwer einen Platz finden, „weil zu sensibel.“
Wer‘s gemerkt hat: Das Zitat stammt aus dem Lied „Fleißig“ der Berliner Band Nichtseattle um Songschreiberin Katharina Kollmann. „Ich bleib auf Abwegen, weil zu sensibel“, heißt es da, und in seiner Feier des Zweifels, des Innehaltens und gleichberechtigter Gemeinschaft könnte es programmatisch für den Anspruch des Festivals stehen. Oft leise und eindringlich, dann wieder lauter werdend und mitunter krachend singen sie ihre Lieder voll spröder Schönheit, die das „Immer-wieder-aus-so-einer-Welt-Fallen“ feiern. Nichtseattle loten auch die schlechteren Gründe für dieses Gefühl aus und lassen dann die guten umso strahlender leuchten.
Die Zugpferde im Programm sind Faber und José González. Interessante Acts gibt es aber auch sonst zuhauf: die Londoner Folk-Rock-Melancholiker Bear‘s Den, den nach innen gekehrten US-Amerikaner Dekker, die verträumten Schweizer Soft Loft, Black Sea Dahu (ebenfalls Schweiz), impressionistischen Folk aus Schottland mit Jacob Alon, um nur einige zu nennen.
Ein Highlight am späten Sonntagabend auf der Silent Stage (Konzert über Kopfhörer) ist sicherlich die neuseeländische Songwriterin Nadia Reid. In der britischen Musikpresse schon länger gefeiert, machte sie sich hierzulande bisher rar; so ist das Festival bis auf weiteres die letzte Gelegenheit, die Sängerin mit der eindringlichen Stimme, den ehrlichen Texten und den gekonnten Melodien zu erleben. Ein Festival der stillen Momente also – wie wohltuend. Und mit etwas Glück, noch einmal Nichtseattle, „... könn‘n wir einfach hier sein und uns verwandt machen.“
Even Flow | 12., 13.7. | Tanzbrunnen | www.evenflowfestival.de
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