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Eric Lanz, Matchings, 2018, Videoprojektion, Ton, 25 Min., Atelieransicht, courtesy der Künstler
© VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Vom seltsamen Reiz der Oberflächen

07. Juli 2025

Eric Lanz im Museum Morsbroich in Leverkusen – kunst & gut 07/25

Es ist paradox. Die Videoarbeiten und Fotografien von Eric Lanz zeigen Dinge zwischen Abstraktion und Konkretion, sie berühren und formen diese mit den Händen und tasten ihre Oberflächen mit der Kamera ab. Oder die Dinge selbst verändern sich wie in Zeitlupe, sind amorph und bleiben in ihrer kontinuierlichen Metamorphose rätselhaft und lapidar zugleich. Alles ereignet sich virtuell und meist lautlos auf dem Monitor oder der Projektionswand und doch nehmen wir emotional daran Anteil. Indem diese Formen, Dinge und Substanzen in ihrem monochromen Ton, mit ihrer differenzierten Struktur und einer glatten, matten oder porösen Oberfläche fokussiert sind, animieren sie die Körpererinnerung. Sie vermitteln im verlangsamten, teils sogar rückwärts ablaufenden Geschehen die Vorstellung, selbst beteiligt zu sein.

Im Museum Morsbroich in Leverkusen ist derzeit ein Überblick über das künstlerische Werk von Eric Lanz zu sehen. 1962 in Biel geboren, hat er an den Kunstakademien in Genf und Düsseldorf (bei Nam June Paik) studiert und ist inzwischen selbst Professor an der Hochschule der Bildenden Künste Saar in Saarbrücken. Seinem künstlerischen Sujet des Findens und Ertastens des Erstaunlichen im Alltäglichen geht er von seinen Anfängen bis heute nach. Seine Loops erkunden die Materialität und ihre Eigenschaften und laden sie mit der sinnlichen Empfindung auf. Dabei tritt die Farbigkeit in den Vordergrund, etwa indem er rote Substanzen seziert, die augenblicklich an Fleisch und operative Zugriffe auf einen Körper erinnern („Choses 1“, 1999). Die Finger und ihre Kuppen, die auf die Dinge zugreifen, scheinen von uns selbst zu sein.

Schon Anfang der 1990er-Jahre hat Eric Lanz eine Sammlung von Arbeitshandschuhen aus verschiedenen Bereichen angelegt, die er ab 2019 vor dunklem Hintergrund gescannt hat, sodass sie körperlich-plastisch, versehrt mit ihrem Gebrauch und der Zeit, wahrgenommen werden. Das Scannen erweist sich als technisches Verfahren des sukzessiven Erfahrens und Fixierens mit Licht, das Lanz auf verschiedene Weise genutzt hat. Es führt zur eindrucksvollen Videoinstallation „durchgehend“ (2015). Im verdunkelten Museumssaal befinden sich über Eck zwei große Projektionsflächen, auf denen er nacheinander die dunklen Räume eines Rohbaus durchschreitet und dabei einen Rollkoffer hinter sich herzieht, aus dem Licht strahlt, welches aber nur die engste Umgebung im Radius der Bewegung erhellt.

Und während der Ort auf der einen Projektionsfläche wieder ins Dunkel versinkt, taucht das Licht mit seiner Umgebung auf der anderen wieder auf. Mit der großen 2-Kanal-Videoinstallation „Loom“ (2025) kehrt Lanz in Leverkusen dann wieder zur Frage zurück, wie sich die Wahrnehmung von Dingen durch die Perspektive des Schauens und ihre Umgebung verändert und noch die Imagination anspornt. Eine amorph abstrakte Form taucht ganz allmählich aus einer Flüssigkeit auf und versinkt wieder in dieser. Die ungesicherte Größe macht vollends alles unklar und lenkt den Blick umso mehr auf die Form, Struktur und Konsistenz. So komplex, sinnlich und anregend ist doch das, was uns umgibt und auf das wir selbst zugreifen können.

Eric Lanz. Zusehends | bis 10.8. | Museum Morsbroich Leverkusen | 0214 406 45 00

Thomas Hirsch

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