White Bird
USA 2023, Laufzeit: 122 Min., FSK 12
Regie: Marc Forster
Darsteller: Ariella Glaser, Orlando Schwerdt, Bryce Gheisar
>> www.leoninedistribution.com/filme/172701/white-bird.html
Spannend inszeniertes Weltkriegsdrama
Kindheit im Krieg
„White Bird“ von Marc Forster
Für seinen neuen Spielfilm hat der international erfolgreiche Deutsch-Schweizer Filmemacher Marc Forster („James Bond 007 – Ein Quantum Trost“) auf ein Kinderbuch zurückgegriffen, das von R. J. Palacio („Wunder“) erstmals im Jahr 2019 veröffentlicht worden war. „White Bird“ erzählt die Geschichte einer entbehrungsreichen Kindheit während des Zweiten Weltkriegs und ist überwiegend aus der Perspektive zweier sehr unterschiedlicher Heranwachsender geschildert. Eingebettet ist das Ganze in eine Rahmenhandlung, die mehr als ein halbes Jahrhundert später spielt und der mittlerweile zur Großmutter gewordenen Protagonistin die Möglichkeit gibt, ihrem Enkelsohn von ihren damaligen Erlebnissen zu erzählen, damit dieser aus den Erkenntnissen für seinen eigenen Alltag Hilfestellung erhält und sein bisheriges Verhalten zu überdenken lernt. Dieser narrativen Klammer hätte es in der Filmversion von „White Bird“ gar nicht bedurft, weil die eigentliche Geschichte auch gut für sich allein hätte stehen können. Andererseits wäre man ohne sie nicht in den Genuss einer weiteren formidablen Leistung der großen Helen Mirren gekommen, die Sara als Großmutter verkörpert.
Die jüdische Familie Blum fühlt sich im Elsass auch 1942 noch sicher, da es sich um eine von den Nationalsozialisten noch nicht besetzte Region Frankreichs handelt. Aber das ändert sich schnell, und es werden Pläne geschmiedet, die Heimat doch noch zu verlassen, um der Deportation zu entgehen. Doch man hat etwas zu lange gewartet, und es ist lediglich großem Glück zu verdanken, dass Tochter Sara (Ariella Glaser) der Verhaftung aller jüdischen Schüler:innen ihres Gymnasiums entgeht. Ausgerechnet der durch seine Polio-Erkrankung zum Außenseiter der Klasse gewordene Julien (Orlando Schwerdt) versteckt Sara in der Scheune des Hofes seiner Eltern. Die sind ebenfalls eingeweiht und unterstützen die Rettungsaktion, fürchten sich aber vor den hellhörigen Nachbarn, die wohl Spitzel der Nationalsozialisten sind. Sara richtet sich häuslich in der Scheune ein, wo ihr Julien geduldig lehrt, was sie in der Schule tagtäglich versäumt. Filme aus der Zeit des Nationalsozialismus gibt es einige, und die meisten von ihnen beleuchten ungewöhnliche Aspekte aus dem Zweiten Weltkrieg, die es wert sind, erzählt zu werden. Bei „White Bird“ kommt nun noch ein weiterer Faktor hinzu, der bei den meisten dieser Dramen eher in den Hintergrund rückt. Denn Marc Forster ist aufgrund seiner Erfahrungen als Regisseur großer Hollywood-Blockbuster versiert genug, um die Spannungsmomente dieser faszinierenden Geschichte mit dem nötigen Thrill in Szene zu setzen und dabei den Atem seines Publikums immer mal wieder ins Stocken zu bringen. Gleichwohl gibt ihm „White Bird“ auch die Gelegenheit zu emotionalen und tief bewegenden Momenten, in denen er ganz im Sinne von R. J. Palacios literarischer Vorlage eine Lanze für die Humanität bricht, die insbesondere in solch düsteren Zeiten verloren zu gehen droht.
(Frank Brenner)
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