Spider
Kanada/Großbritannien 2002, Laufzeit: 98 Min., FSK 12
Regie: David Cronenberg
Darsteller: Ralph Fiennes, Bradley Hall, Miranda Richardson, Gabriel Byrne, Lynn Redgrave, John Neville, Gary Reineke, Philip Craig
Dennis Cleg wird ein wenig zu früh aus der psychiatrischen Anstalt entlassen. Er kehrt an die Stätten seiner Jugend in London zurück, wodurch traumatische Kindheitserlebnisse wieder wachgerufen werden. Vor allem der Mord an der geliebten Mutter beschäftigt den Einzelgänger. Horrortrip in eine schizophrene GedankenweltIn David Cronenbergs ("eXistenZ") Filmen sind es oft Parasiten oder Mutationen, die den Menschen seiner jeweiligen Individualität berauben. Diesmal ist es die menschliche Psyche selbst, die den Protagonisten entfremdet. Schon in der Eingangssequenz von "Spider" lassen farbige Tintenklecksbilder das Thema des Films erahnen. Der kanadische Regisseur nimmt den Zuschauer mit auf einen Horrortrip in die Schizophrenie. In seinem Psychothriller projiziert er die Gedankenwelt des schizophrenen Dennis "Spider" Cleg (Ralph Fiennes) auf die Leinwand. Spider sieht sich in Anbetracht der Londoner Arbeitersiedlungen in seine Kindheit zurückversetzt (Cleg als Kind: Bradley Hall) und erlebt noch einmal die verdrängte Hölle dieser Zeit, so auch den Mord an seiner geliebten Mutter (Miranda Richardson), verübt durch den eigenen Vater (Gabriel Byrne). In einem Übergangsheim soll Cleg auf eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorbereitet werden. Unaufhörlich murmelnd kritzelt er unlesbare Zeilen in ein kleines Notizheft. Er will Ordnung in seine Gedanken bringen. Doch seine Erinnerungen sind zerfahren. Cleg ist nicht in der Lage, zwischen der Realität und den eigenen Vorstellungen zu unterscheiden. Wie ein Autist lebt er in seiner eigenen Welt. Auch das heruntergekommene Londoner Viertel, in dem der Film spielt, scheint Clegs Phantasie zu entspringen. Die Grenze zwischen Wirklichkeit und Wahn verschwimmt ? auch für den Kinogänger. Aus den Erinnerungsfetzen spinnt Spider langsam ein Gesamtbild. Endlich erkennt er den wahren Grund für sein Leiden.Mit Verspätung kommt Cronenbergs "Spider" (2002) in die heimischen Kinos. Er basiert auf dem gleichnamigen Roman von Patrick McGrath. Der verstörende Kunstfilm wird viele Erwartungen enttäuschen. Er verzichtet auf eklige optische Schocks, es gibt keine Splattereffekte. Der Horror liegt vielmehr in der suggestiven Macht der Bilder, die dem Betrachter eine schizophrene Sichtweise aufdrängen. Cronenberg macht eben kein Kino für ein überfüttertes Popcorn-Publikum.
(Stefan Ortmann)
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