
Soll ich dich einem Sommertag vergleichen?
Ägypten, Libanon, Deutschland 2022, Laufzeit: 64 Min., FSK 16
Regie: Mohammad Shawky Hassan
Darsteller: Donia Massoud, Ahmed El Gendy, Salim Mrad
Kunstvolle queere Liebescollage
Geschichten von Liebenden
„Soll ich dich einem Sommertag vergleichen?” von Mohammad Shawky Hassan
Die „Märchen aus tausendundeiner Nacht“ sind auch im westlichen Kulturkreis seit langer Zeit bekannt und beliebt. In ihrer arabischen Heimat sind sie ebenfalls äußerst populär und immer wieder in den unterschiedlichsten Varianten und unter Vermengung popkultureller Elemente aufgegriffen und von Generation zu Generation weitergetragen worden. Auch der mittlerweile in Berlin lebende ägyptische Filmemacher und Videokünstler Mohammad Shawky Hassan ist mit diesen traditionellen Geschichten aufgewachsen, insbesondere mit diversen Fernsehadaptionen, die in den 1980er Jahren entstanden und intensiv mit der damals modernen Technologie der Green Screens arbeiteten, mit der man Schauspieler:innen vor einer einfarbigen Leinwand filmte und an deren Stelle anschließend die unterschiedlichsten Hintergründe einsetzen konnte. Auf diese Weise hat Hassan nun auch bei seinem nach einem Sonett von William Shakespeare betitelten Langfilmdebüt „Soll ich dich einem Sommertag vergleichen?“ gearbeitet, der damit popkulturelle Referenzen herstellt und insbesondere in der arabischen Kultur sozialisierten Menschen jede Menge Anknüpfungspunkte und Wiedererkennungswerte bieten dürfte.
Die Geschichten, die Mohammad Shawky Hassan in seinem Film aufgreift, entsprechen indes so gar nicht den sonst üblichen und in seinem Kulturkreis über Generationen weiterverbreiteten Erzählungen. Zwar geht es auch hier um Liebe, allerdings ausnahmslos über die zwischen Männern, die nach wie vor in weiten Kreisen der arabischen Gesellschaft tabuisiert oder sogar bestraft wird. Hassan hat dafür eigene Eintragungen aus seinem „Liebestagebuch“ als Grundlage genommen und erzählt von ersten Chats in Dating-Apps, von Begegnungen beim Tanzen in queeren Clubs oder von den Problemen, mit denen polyamouröse Menschen wie er innerhalb einer Beziehung immer wieder konfrontiert werden. Auf den wilden, kunstvoll-experimentellen Stil seines Films muss man sich dabei einlassen können, denn dadurch, dass Hassan ständig den Stil, die Form und das Szenario ändert, gibt es keine Storyline im herkömmlichen Sinn. Mal sprechen die Protagonisten vor Gemälden, die mit Hilfe des Green Screens als Hintergrund eingefügt wurden, mal gibt es Musik- und Tanzeinlagen, die den Film in die Nähe eines Musicals rücken, mal konterkariert Hassan die Begegnungen zweier Männer auf der Leinwand mit Audioclips aus populären arabischen Filmen, die auf diese Weise und in diesem neuen Kontext plötzlich ganz andere Bedeutungen erlangen. Viele der Dialoge zwischen den Protagonisten wirken darüber hinaus wie spontane Interviews, deren Authentizität und Aufrichtigkeit man spüren kann. Auch geizt Hassan nicht mit nackter Haut, so dass man hier immer wieder eng umschlungene männliche Körper beim Liebesspiel beobachten kann. Diese Selbstverständlichkeit, mit der Mohammad Shawky Hassan hier arabische Männlichkeit und Queerness zusammen ins Bild bringt, hat man auf diese Weise noch nicht oft gesehen.
(Frank Brenner)

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