Im Alter von Ellen
Deutschland 2010, Laufzeit: 95 Min.
Regie: Pia Marais
Darsteller: Jeanne Balibar, Stefan Stern, Georg Friedrich, Julia Hummer, Alexander Scheer, Eva Löbau, Clare Mortimer, Ian Roberts, Jasna Bauer, Patrick Bartsch, Benno Lehmann, Fabian Astor
Ständig vertrauen wir Fremden
Fotolovestory (10), 21.01.2011
Dieser Film ist ein kleines Filmjuwel! Er paßt in keine Schublade, und das ist gut so! Es gibt sicher andere Filme, die sind wunderbar logisch und realistisch, leuchten die Wirklichkeit bis ins letzte Detail aus, aber sie haben einfach keine Tiefe, weil sie vielleicht Realität abbilden, aber eben nicht die spannenden Graustufen unserer Welt. Und da sind andere Filme, die vermeintliche Antworten auf alle Fragen liefern und irgendwann nerven oder wenn wir Glück haben einfach nur langweilen.
“Im Alter von Ellen” ist einfach ganz anders, denn er liefert faszinierende Bilder einer alltäglichen Welt, wie wir sie alle kennen, und leuchtet lebendige Details aus, an denen wir uns auch schon die Zähne ausgebissen haben. Daher ist der Film mutig und ermutigend zugleich. Ellen, gespielt von Jeanne Balibar, wandelt in unserer von Individualismus und Pragmatismus gezeichneten unsicheren Welt wie auf einem Minenfeld und sucht was wir Sinn nennen könnten. So greift der Film mühelos die aktuellen Themen wie Heimat und Globalisierung, Mitwirkung und Politik auf, ohne aber aufwendig und künstlich komplexe Konstruktionen zu erfinden. Das wunderbare Kameraauge (Hélène Louvart) folgt einfach dieser Ellen und läßt sie eintauchen in die Persönlichkeiten anderer Wegbegleiter, die in jedem Moment politisch zu werden drohen. Denn die Welt ist eine Bedrohung, durch all ihre Möglichkeiten, Diskussionen, Beteiligungen und Idealismus fordernden Momente. Aber auch mit Freiheit und Leidenschaft muß man erst mal umgehen können! Dies alles hat noch kein Film so deutlich entspannt und mit tiefgründiger Leichtigkeit und Inszenierkunst gezeigt.
Der Regisseurin gelingt es einfach Personen zu finden, an denen die Hauptfigur merkt, daß sich letztlich alles dreht um einen selbst, nicht mit einem und nicht ohne einen. Man ist ein Blatt im Wind, oder ein Stück von Baum. So ist dieser Film poetische Selbsterkenntnis, und wer sich darauf einläßt, hat schon gewonnen.
Darüber hinaus seit langem wieder ein Film mit Julia Hummer (als Tierschutzaktivistin), die mit ihrer Stimme und Präsenz gewachsen ist. Alexander Scheer (als Steward) in einer kleinen aber mit viel Liebe gezeichneten Nebenrolle. Dazu noch mehr unbekannte Gesichter, von denen wir sicher noch mehr sehen dürfen in Zukunft! Wenn das Kino 2011 mit solchen Filmen weiter geht, dann wird es ein gutes Kinojahr! Der Anfang ist gemacht!
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