
Gotteskinder
Deutschland 2025, Laufzeit: 117 Min., FSK 12
Regie: Frauke Lodders
Darsteller: Flora Li Thiemann, Michelangelo Fortuzzi, Serafin Gilles Mishiev
Gehaltvolles Familiendrama
Gegen die Liebe
„Gotteskinder” von Frauke Lodders
Erst seit knapp fünf Jahren sind in Deutschland Konversionstherapien für Minderjährige verboten. Unter dem Deckmantel oftmals fehlgeleiteter und überinterpretierter religiöser Texte wird in entsprechenden Kreisen dennoch mitunter daran festgehalten, dass homosexuelle Neigungen durch Engagement, Gebete und fragwürdige Therapiemaßnahmen geheilt werden können. Einen exzellenten Film zu diesem Thema drehte Joel Edgerton („Der große Gatsby“) bereits im Jahr 2018 unter dem Titel „Der verlorene Sohn“. Hier war es der Sohn eines US-amerikanischen Baptistenpredigers, der sich aufgrund seiner Homosexualität einer Konversionstherapie unterziehen musste. Frauke Lodders („Unzertrennlich“) eröffnet in ihrem vierten Langfilm „Gotteskinder“ ein noch größeres Diskussionsfeld, da in ihrem exzellent besetzten Film eine ganze Familie im Mittelpunkt steht und dementsprechend noch weitere Themen mit in die Handlung einfließen. Der 2024 in Warschau und beim SCHLiNGEL Kinder- und Jugendfilmfestival als bester Film ausgezeichnete „Gotteskinder“ zeigt seinen ZuschauerInnen die ganze Dramatik fehlgeleiteter Nächstenliebe, und wie gute Intentionen ins Gegenteil umschlagen können.
Max (Michelangelo Fortuzzi) ist mit seiner verwitweten Mutter neu in die dörfliche Gemeinschaft gezogen. Die Nachbarstochter Hanna (Flora Li Thiemann) findet er ganz interessant, doch diese steht unter der strengen Fuchtel ihres zutiefst religiösen Vaters David (Mark Waschke), der auch in der Kirchengemeinschaft eine wichtige Position einnimmt. Sexuelle körperliche Nähe ist Hanna vor der Ehe komplett untersagt, auch ein Kinobesuch ist für ihre Eltern schon ein rotes Tuch. Noch schwerer trifft es Hannas jüngeren Bruder Timo (Serafin Mishiev), der kurz vor seiner Taufe zu seinem 16. Geburtstag erkennt, dass er sich in seinen Mitschüler Jonas (Lennox Halm) verliebt hat. Timo begibt sich auf eigenen Wunsch in ein „Seelsorge-Seminar“, um sich von seinen „dämonischen Trieben“ kurieren zu lassen. Dorthin wird kurz darauf auch Max entsandt, nachdem ihn David mit seiner Tochter knutschend ertappt hatte. Frauke Lodders ist es sehr überzeugend gelungen, die Macht und Faszination abzubilden, die von einer starken Gemeinschaft ausgeht. Dass die dahintersteckenden Prinzipien und Überzeugungen fehlgeleitet sein können, und dass dies insbesondere junge Menschen, die noch leicht formbar sind, nicht ohne weiteres erkennen können, kann die Filmemacherin hier sehr anschaulich und lebensnah vermitteln. Bei „Gotteskinder“ stehen gleich mehrere heranwachsende Protagonisten als Identifikationsfiguren zur Verfügung. Die ausnahmslos toll gecasteten SchauspielerInnen helfen mit, das Publikum Anteil an ihrem Schicksal nehmen zu lassen und Empathie zu empfinden. Vor allem Serafin Mishiev („Nackt über Berlin“) hat ein dermaßen subtiles Mienenspiel, dass man ihm die Zerrissenheit, die widerstreitenden Gefühle und die innere Unruhe in jedem Moment seiner Darstellung uneingeschränkt abnimmt.
(Frank Brenner)

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