
Des Teufels Bad
Österreich, Deutschland 2024, Laufzeit: 130 Min., FSK 16
Regie: Severin Fiala, Veronika Franz
Darsteller: Anja Plaschg, Maria Hofstätter, Lukas Walcher
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Verstörender Blick in die innere und äußere Hölle
Indirekter Selbstmord
„Des Teufels Bad“ von Veronika Franz und Severin Fiala
„Bad des Teufels“ ist ein alter Ausdruck für Melancholie und Depression. Davon ist Agnes zunehmend befallen. Als die lebensfrohe junge Frau im Jahr 1750 mit dem Bauern Wolf verheiratet wird, ahnt sie noch nichts von ihrem neuen Leben. Wolf wohnt mit seiner schroffen Mutter in einer kleinen, dunklen Steinhütte im Wald. Agnes hat sich um alle Wünsche ihres Gatten zu kümmern. Wenn sie für die beiden kocht, soll sie das Vaterunser beten, verlangt die Schwiegermutter. Auch warten alle auf den Nachwuchs. Der will sich aber nicht einstellen. Wie auch, wenn der Mann sie nicht begehrt. Agnes wehrt sich eine Weile gegen dieses dunkle, karge, freudlose Leben, indem sie Blumen auf den Tisch stellt, den Klängen des Waldes lauscht oder am Moos riecht. Für ihren milde gestimmten und gutmütigen Mann ist das alles sehr befremdlich. Er lässt sie machen, sieht aber ihre zunehmende Not nicht. Die Schwiegermutter setzt Agnes immer mehr zu. Einmal klaut Agnes aus Verzweiflung ein Baby, dann beginnt sie, Rattengift zu schlucken. Doch als ob er das wüsste, betet der Pfarrer in der Kirche drohend auf sie herab: Selbstmord sei die größte Sünde überhaupt, für sie komme man ohne Gnade in die Hölle. Mördern hingegen könne die Beichte abgenommen werden und sie können dann in den Himmel aufsteigen. Selbstverständlich erst nach ihrer Hinrichtung. Für Agnes gibt es jetzt nur noch einen Ausweg …
Das österreichische Regie-Duo Veronika Franz und Severin Fiala ist über einen Podcast auf das Thema dieses ‚mittelbaren‘ Selbstmords gestoßen, den zu jener Zeit vor allem Frauen in ihrer Not wählten. Des Teufels Bad, sagt Franz, ist nicht die Hölle nach dem Tod, sondern die Hölle im Inneren eines Menschen. Anja Plaschg spielt an der Seite von David Scheid als Mann und Maria Hofstätter als Schwiegermutter diese sich langsam in Agnes ausbreitende Hölle mit beunruhigender Intensität, die durch die eindringliche Filmmusik, ebenfalls von Plaschg, noch gesteigert wird. Für Plaschg, die vor allem als Musikerin unter dem Namen Soap & Skin bekannt ist, ist es nach ihrer Rolle als Ingeborg Bachmann in „Die Geträumten“ erst die zweite große Rolle. Bereits im Prolog des Films sehen wir eine Frau, die Agnes finalen Weg wählt. Schon diese Eröffnung des neuen Films des Regiegespanns, das bereits mit ihren Arthaus-Schockern „Ich seh, Ich seh“ und „The Lodge“ für Aufregung sorgte, nimmt einem den Atem. Es ist die fast nüchterne Inszenierung der Grausamkeit, die uns umso direkter ergreift. So schockierend der Beginn des Films, so schleichend ist im Folgenden Agnes Schicksal erzählt. Hoffnung weicht Enttäuschung, Enttäuschung weicht Melancholie, auf Melancholie folgt Depression und eine wahnhafte Religiosität. Neben den Darsteller:innen und der Musik ziehen einen die erdigen Bilder von Kameramann Martin Gschlacht, die dem Film auf der Berlinale einen Silbernen Bären beschert haben, tief in die mittelalterlich anmutende Geschichte, die über Leistungsdruck und Burnout auch an die Gegenwart gekoppelt ist und deren Bilder einen so schnell nicht wieder loslassen.
(Christian Meyer-Pröpstl)

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