Der Kick
Deutschland 2006, Laufzeit: 82 Min.
Regie: Andres Veiel
Darsteller: Susanne-Marie Wrage, Markus Lerch
Andres Veiel ist bekannt für seine ungewöhnlichen Ansätze. In "Black Box BRD" schließt er die Biografien von Alfred Herrhausen und Wolfgang Grams kurz, "Die Spielwütigen" war eine Langzeitdoku über die großen Mühen einiger Schauspielschüler. Nun geht er auf eigentümliche Art einem schockierenden Fall nach, indem er ihn jenseits von medialer Horrorschau auf eine abstrakte Ebene hievt. Andre Veiel und die Dramaturgin Gesine Schmidt haben monatelang vor Ort recherchiert und den Dorfbewohnern, den Verwandten und Bekannten von Tätern und Opfer Fragen gestellt. Das war nach dem Medienwirbel, in dem schnell das gesamte Dorf unter Generalverdacht gestellt wurde, nicht sehr einfach. Zusammen mit offiziellen Dokumenten, Verhör- und Gerichtsprotokollen, der Anklageschrift, der Urteilsverkündung und sogar der Predigt des Dorfpfarrers wurde eine Collage erstellt, die die Ereignisse langsam einkreist. Dabei entwickeln sich zunehmend die einzelnen Charaktere, ohne dass sie von vornherein auf eine Rolle festgelegt werden. Dazu trägt die minimalistische Inszenierung mit nur zwei Schauspielern für alle Rollen bei. Nach seinem eigenen Theaterstück inszeniert Veiel den Film spartanisch in einer kargen Kulisse: eine leere, alte Fabrikhalle, in der lediglich ein schwarzer Kasten mit Fenster und Neonbeleuchtung zu sehen ist. Die Schauspieler reden abwechselnd frei im Raum stehend oder hinter der Glasscheibe, je nachdem, ob es sich um eine offizielle Aussage handelt oder nicht. Sie sind schwarz gekleidet und ändern mit den wechselnden Rollen lediglich ihre Haltung, Mimik, Stimmlage und Ausdrucksweise. Dabei ist die Rollenverteilung nicht geschlechtsspezifisch. Mit den Mitteln der Abstraktion ? Veiel erwähnt im Vergleich die letzten Filme von Lars von Trier ? entkommt er dem sensationslüsternen Blick, der die Fratze des 'Monsters' sehen will und gelangt zu der essentiellen Frage, wie so etwas geschehen kann. Beantworten kann dieser Film das Unfassbare freilich auch nicht, er bringt es einem nur näher, statt es sicher in einen Käfig zu sperren.
(Christian Meyer)
Der Meister des Filmplakats
Renato Casaro ist tot – Nachruf 10/25
Schritt für Schritt zum Schnitt
25. Edimotion-Festival für Filmschnitt und Montagekunst in Köln – Festival 10/25
Schnappatmung von rechts
Wenn Filme Haltung zeigen – Vorspann 10/25
Stimmen für Veränderung
„How to Build a Library“ im Filmforum – Foyer 09/25
Eine sympathische Bruderkomödie
„Ganzer halber Bruder“ im Cinedom – Foyer 09/25
Wo Grenzen verschwinden und Geister sprechen
Das Afrika Film Festival Köln 2025 – Festival 09/25
„Es ist vertraut, aber dennoch spannend“
Schauspielerin Barbara Auer über „Miroirs No. 3“ – Roter Teppich 09/25
Weinende Wände
Das Filmtheater als Begegnungs- und Spielstätte – Vorspann 09/25
„Das Leben ist absurd, nicht der Film“
Regisseur Elmar Imanov über „Der Kuss des Grashüpfers“ – Gespräch zum Film 08/25
Jung-Bäuerinnen bei der Arbeit
„Milch ins Feuer“ im Odeon – Foyer 08/25
Drama, Baby?
Das Arthouse und der Schenkelklopfer – Vorspann 08/25
Gar nicht mal so stumm
Die Internationalen Stummfilmtage in Bonn 2025 – Festival 08/25
Sommergefühle
Leichte Kino-Kost im Juli – Vorspann 07/25
Im Abschiebegefängnis
„An Hour From the Middle of Nowhere“ im Filmhaus – Foyer 06/25
Fortsetzung folgt nicht
Serielles Erzählen in Arthouse und Mainstream – Vorspann 06/25
Wohnen im Film
Die Reihe Filmgeschichten mit „Träumen von Räumen“ im Filmforum NRW – Filmreihe 05/25
Der Filmfrühling ist angebrochen
Die erste Jahreshälfte startet mit bedeutenden Filmfestivals – Vorspann 04/25
Filmischer Feminismus
Das IFFF 2025 in Köln – Festival 04/25
Über die Todesangst
„Sterben ohne Gott“ im Filmhaus – Foyer 03/25
Alles für die Musik
Publikumspremiere von „Köln 75“ im Cinenova – Foyer 03/25
Schlechte Zeiten?
Merz im März und ernste Kost im Kino – Vorspann 03/25
Mit Trauer umgehen
„Poison – Eine Liebesgeschichte“ im Odeon – Foyer 02/25
Gute Zeiten
Wie lang darf ein Film sein? – Vorspann 02/25
Bittersüße Dystopie
„Ein schöner Ort“ in der Aula der KHM – Foyer 01/25
Zeit-Fragen
Symposium der dokumentarfilminitiative im Filmhaus – Foyer 01/25